Zivilrecht
Schadensrecht
Begrenzungen/Schadensmilderungen
Berücksichtigung der Erbschaft bei Umfang des Unterhaltsanspruchs aus § 844 Abs. 2 BGB
Berücksichtigung der Erbschaft bei Umfang des Unterhaltsanspruchs aus § 844 Abs. 2 BGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S ist die 12-jährige Tochter der verwitweten Mutter M. Verkehrsrowdy R verletzt die M bei einem Straßenrennen tödlich. M hatte ein Vermögen von €1 Mio. Die monatlichen Zinsen verbrauchte die M in der Vergangenheit sofort für ihre Lebenshaltung und den Unterhalt der S.
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Einordnung des Falls
Berücksichtigung der Erbschaft bei Umfang des Unterhaltsanspruchs aus § 844 Abs. 2 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S kann von R grundsätzlich den entgangenen Unterhalt, den sonst die M getragen hätte, verlangen (§ 844 Abs. 2 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Mit der Tötung zusammenhängende Vorteile sind generell auf den Schaden der S anzurechnen.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Die Erbschaft steht mit der Tötung der M in einem adäquaten Kausalzusammenhang.
Ja, in der Tat!
4. Eine Anrechnung des geerbten Vermögens entlastet den Schädiger stets unangemessen.
Nein!
5. Auf den Schaden der S sind hier die Erträge der Erbschaft anzurechnen.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Simon
12.7.2023, 12:48:27
Ich frage mich, wie es mit der Auszahlung der Lebensversicherung an die Hinterbliebenden aussieht. Gibt es dort Besonderheiten?
Falsus Prokuristor
25.5.2024, 11:27:26
Liebes Team, erst mal vielen Dank für die Aufbereitung des Falles! ich hätte einen Vorschlag zur verständlicheren Formulierung, der ansonsten sehr guten Erklärung zur Anrechnung der Erbschaft. Es wird zwischen Stammwert und Zinsen differenziert, was auch völlig nachvollziehbar ist. Allerdings ist mir nicht ganz klar, weshalb ihr die Anrechnung des Stammwertes als Ausnahme bezeichnet und die Anrechnung der Zinsen hingegen als Regelfall. Diese folgen doch beide dem gleichen Grundsatz, dass eine Anrechnung erfolgt, wenn der Erblasser sie zu Lebzeiten verbraucht hätte, da dann eine unangemessene, doppelte Begünstigung des Geschädigten entstünde. Bei der Erklärung zu den Zinsen formuliert ihr deshalb mit einer doppelten Verneinung, die es eigentlich nicht bräuchte, wenn man die Anrechnung auch dort als Ausnahme sieht. Das verwirrt mich beim Wiederholen des Falles jedes Mal und ich könnte mir vorstellen, dass es auch anderen so geht. Mir ist auch nicht ganz klar, warum der Verbrauch der Zinsen als Regelfall gesehen wird, des Stammwertes aber nicht. Ob die Erträge des eigenen Vermögens zum weiteren Vermögensaufbau genutzt werden, ist doch höchst individuell, genau wie der Verbrauch des eigenen Vermögens. Dort dann eine Ausnahme zu sehen, finde ich ein wenig willkürlich. Ich fände die Erklärung zudem deutlich verständlicher, wenn man zunächst klarstellt, das Stammwert und Zinsen getrennt betrachtet werden müssen. Und anschließend die Beurteilung einfach nach dem Verbrauch zu Lebzeiten erfolgt, ohne die Behauptung von Regel und Ausnahme und ohne doppelte Verneinung. Man kommt auch so zu den gleichen Ergebnissen, differenziert nach dem entscheidenden Kriterium und nennt die richtigen Argumente. Dabei ist es aber verständlicher und auch leichter zu merken als zwei verschiedene Grundsätze mit jeweiliger Ausnahme aus letztlich dem gleichen Grund. Sagt mir gerne, falls ich da etwas übersehe und man so „kompliziert„ vorgehen muss, wie in der Erklärung. Vielen Dank für Eure Mühe und beste Grüße!
Lorenz
5.11.2024, 17:02:34
Ausgangspunkt: Schädiger muss Unterhalt tragen. Kann er geltend machen, dass T als Jungmillionärin finanziell jetzt sogar besser steht und seine Verpflichtung schmälern? 1. Zufluss Stammwert: Nein, da das Vermögen ohnehin an die Erbin gegangen wäre, wenn auch in 30+ Jahren. 2. Zufluss Zinserträge: Ja, da T zu Lebzeiten der M nicht über diese verfügen konnte; nun schon. Ausnahmen: 1. Wenn der Stammwert bis zur Erbschaft aufgrund des Unterhaltsbedarfs abgeschmolzen gewesen wäre, ist anzurechnen, da T nie Millionärin geworden wäre. 2. Wenn die Zinserträge nicht verbraucht worden wären, hätte T später 1,5 mio. geerbt, hätte also später über 1,5 mio verfügen können. Eine Anrechnung erfolgt daher nicht.
G0d0fMischief
5.11.2024, 10:10:26
Auf das Erbe fällt jedoch eine Erbschaftssteuer an, da es den steuerfreien Betrag von 400.000€ überschreitet. Müsste nicht zumindest diese Differenz im Schaden berücksichtigt werden? Ich habe mal nachgeschaut, bei 1.000.000€ wären das 90.000€ die an den Fiskus gehen und damit nicht mehr verzinst werden können.
Lorenz
5.11.2024, 17:03:44
Kann sich der Schädiger bei hohen Zinserträgen komplett befreien lassen, da sie den Unterhalt komplett abdecken?