Verjährung des reisevertraglichen Anspruches

11. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

R bucht bei V am 10.01.2020 eine Pauschalreise. Diese soll vom 13. bis zum 20.07.2020 gehen. Am Tag der Rückreise wird Rs Flug auf den 21.07.2020 verschoben. Deshalb entsteht R ein Schaden i.H.v. €30 für das bereits gebuchte Taxi. R erstattet Mängelanzeige, fordert aber erst am 22.07.2022 Schadensersatz.

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Einordnung des Falls

Verjährung des reisevertraglichen Anspruches

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. R hat einen Anspruch auf Schadensersatz, §§ 651i Abs. 3 Nr. 7, 651n Abs. 1 BGB.

Ja!

Die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs sind (1) ein Pauschalreisevertrag, (2) ein Mangel, den (3) der Reiseveranstalter verschuldet hat und (4) ein zurechenbarer Schaden. In den Fällen des § 651n Abs. 1 Nr. 1 - 3 BGB ist eine Exkulpation von der Verschuldensvermutung möglich. Der Schadensersatz ist ausgeschlossen, wenn der Veranstalter dem Mangel infolge einer unterbliebenen Mängelanzeige nicht abhelfen konnte (§ 651o Abs. 2 BGB). In dem Verschieben des Rückflugs liegt eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit, also ein Reisemangel (§ 651i Abs. 2 S. 1 BGB). V kann sich von der Verschuldensvermutung nicht befreien. R ist ein Schaden i.H.v. €30 entstanden. Der Mangel war kausal für den Schaden. Den Mangel hat R auch angezeigt (§ 651o BGB).
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2. Der Anspruch müsste auch durchsetzbar sein.

Genau, so ist das!

Ein Anspruch kann wegen dauerhaften oder rechtshemmenden (dilatorischen) Einreden nicht durchsetzbar sein. Ein Beispiel für eine dauerhafte Einrede ist die Verjährung. Beispiele für rechtshemmende Einreden sind das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 BGB).

3. Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs richtet sich nach § 195 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Die regelmäßige Verjährungsfrist von Ansprüchen beträgt drei Jahre, § 195 BGB. Der Beginn der Verjährung richtet sich nach § 199 BGB. Auch Schadensersatzansprüche fallen grundsätzlich hierunter. Etwas anderes gilt nur, wenn es speziellere Regelungen in den einzelnen Schuldverhältnissen gibt. Eine solche gibt es im Pauschalreiserecht. Hiernach verjähren Gewährleistungsansprüche gemäß § 651j BGB nach zwei Jahren.

4. Beginn der Verjährungsfrist ist das vertraglich vereinbarte Ende der Pauschalreise, also hier der 20.07.2020 (§ 651j BGB).

Nein!

Der Beginn der Verjährungsfrist ist grundsätzlich das Ende der Pauschalreise, wie es im Vertrag steht (§ 651j S. 2 BGB). Die Berechnung des Fristbeginns richtet sich dabei nach den allgemeinen Vorschriften, also nach den §§ 187 ff. BGB. Dies gilt allerdings nicht, wenn sich der Rücktransport vom Urlauber unverschuldet verzögert. Dann ist auf das tatsächliche Ankunftsdatum abzustellen.Laut Vertrag endete die Reise am 20.07.2020, die Ankunft erfolgte aber tatsächlich erst am 21.07.2020. Es handelt sich dabei um eine Ereignisfrist. Die Fristberechnung beginnt einen Tag nach dem Tag, auf den das Ereignis fällt, vorliegend also auf den 22.07.2020 (§ 187 Abs. 1 BGB). Die Frist läuft an dem Tag ab, der dem Tag entspricht, auf den das Ereignis gefallen ist (hier der 21.07), nur eben zwei Jahre später. Fristende ist am 21.07.2022 (§ 188 Abs. 2 BGB).

5. Rs Anspruch auf Schadensersatz ist verjährt (§ 651j BGB).

Genau, so ist das!

Die Berechnung des Fristbeginns richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften, also nach den §§ 187 ff. BGB. Es handelt sich vorliegend um eine Ereignisfrist. Fristbeginn ist als der 22.07.2020 (§ 187 Abs. 1 BGB). Fristende ist am 21.07.2022 (§ 188 Abs. 2 BGB). R hat am 22.07.2022 Schadensersatz geltend gemacht, also einen Tag nach Fristende. Der Anspruch ist verjährt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johannes Nebe

Johannes Nebe

3.10.2023, 09:36:12

Dieser Fall ist heikler, als es zunächst aussieht. Die Frist erst am Tag der tatsächlichen Rückkehr beginnen zu lassen, erscheint vernünftig. § 651j S. 2 BGB spricht aber speziell von "dem Vertrag nach enden sollte". Die Bestimmungen des § 187 I BGB zur Ereignisfrist hebeln die spezielle Regelung nicht aus. Sorge schreibt (BeckOGK BGB § 651j Rn. 39), dass die Verschiebung des Fristbeginns zweifelhaft sei. Die von ihm angeführten Urteile für eine Verschiebung stammen höchstens von Landgerichten, stammen alle aus der Zeit vor 2018 und beziehen sich auf die einmonatige Ausschlussfrist. Geib schreibt knapp, auf das tatsächliche Ende der Reise komme es nicht an (BeckOK BGB § 651j Rn. 5).

LS2024

LS2024

19.6.2024, 12:58:39

Ich weiß im Aufgabentext steht Schaden. Aber die vergeblichen Aufwendungen sind doch gemäß § 651i Nr. 7, 284 BGB zu ersetzen. Das Bestellen des Taxis ist ein freiwilliges Vermögensopfer und damit eine Aufwendung. Ich schätze wenn man anders fragen würde: Kann er Ersatz für die Kosten verlangen, die ihm dadurch entstehen, dass er erneut ein Taxi buchen muss, dann würde es sich um einen Schaden handeln.

LAWFU

lawfulthings

21.10.2024, 13:59:23

Ich glaube in der Zeichnung und dem Text stimmen die Reisedaten nicht überein :)

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

22.10.2024, 14:04:03

Hallo lawfulthings, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team


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