Einsperren: Der Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn der Täter sich selbst mit dem Opfer einsperrt. – Abwandlung


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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T schließt sich und die Kollegin O im Büro im Erdgeschoss ein und wirft den Schlüssel aus dem Fenster. O wollte gerade nach Hause gehen und ihre Katzen füttern. Statt das Büro wie gewöhnlich durch die Tür zu verlassen, verlässt sie es nun, indem sie aus dem Fenster steigt.

Einordnung des Falls

Einsperren: Der Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn der Täter sich selbst mit dem Opfer einsperrt. – Abwandlung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn T "einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt", verwirklicht er den objektiven Tatbestand der Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Geschütztes Rechtsgut ist die persönliche Fortbewegungsfreiheit. Nach h.M. schützt die Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB) nicht nur die aktuelle, sondern auch die potentielle Fortbewegungsfreiheit (Möglichkeit des Ortswechsels) und sichert die Bewegungsfreiheit damit möglichst umfassend. Ob das Opfer sich tatsächlich fortbewegen möchte, ist danach irrelevant. Nach a.A. ist nur der aktuelle Fortbewegungswille geschützt. Die h.M. verlagere den Vollendungszeitpunkt grundlos nach vorne und pönalisiere insoweit Versuchsunrecht. Hierfür gebe es aber seit Einführung des § 239 Abs. 2 StGB kein Bedürfnis mehr.

2. Da T sich selbst in dem abgeschlossenen Raum befindet, scheidet er als tauglicher Täter der Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB) aus.

Nein!

Der Schutzzweck der Vorschrift ist nicht weniger durch die Tatsache betroffen, dass sich der Täter mit seinem Opfer in einem Raum befindet. T bleibt auch tauglicher Täter, wenn er sich mit O in dem abgeschlossenen Raum befindet.

3. T hat O "eingesperrt" (§ 239 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

"Einsperren" bedeutet, jemanden durch äußere Vorrichtungen am Verlassen eines umschlossenen Raumes zu hindern. Wer den Raum weiterhin auf eine andere, wenn auch ungewollte, ungefährliche Weise verlassen kann, wird nicht eingesperrt. § 239 StGB schützt die Fähigkeit, sich von einem Ort wegzubewegen. Nicht geschützt wird hingegen eine bestimmte Art des Wegbewegens. T hat zwar das Türschloss verriegelt und O so am Verlassen des Büros durch die Tür gehindert. O konnte aber auf ungefährliche Weise das Büro verlassen, indem sie aus dem Fenster im Erdgeschoss hinausgestiegen ist.

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