+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A ist in Bs Betrieb in Berlin Mitte beschäftigt. Als sie am 22.2 im Radio hört, dass Sturm Zeynep über Berlin hinwegfegt, entscheidet sie, zuhause in Spandau zu bleiben. Am Folgetag teilt B ihr mit, dass sie für die Fehlzeit keinen Lohn erhalte.
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Einordnung des Falls
Wegerisiko beim Arbeitnehmer
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat einen Anspruch gegen B auf Zahlung von Arbeitsentgelt für ihre erbrachte Arbeitsleistung (§ 611a Abs. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
Voraussetzung für einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt ist ein wirksamer Arbeitsvertrag.Zwischen A und B besteht ein wirksamer Arbeitsvertrag. Dieser begründet einen Anspruch der A auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung.
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2. Die Voraussetzungen für den Untergang von As Vergütungsanspruch für den 22.2 liegen vor (§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB).
Ja!
Nach hM ist die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung eine absolute Fixschuld: Die Leistung ist zu einem festen Zeitpunkt zu erbringen. Geschieht dies nicht, wird sie unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB). Damit entfällt gleichsam der Anspruch auf die Gegenleistung, also die Vergütung (§ § 326 Abs. 1 S. 1 BGB).A ist am 22.2 nicht zur Arbeit erschienen. Mit Ablauf des 22.2 ist damit die für diesen Tag geschuldete Arbeit objektiv unmöglich geworden. Lohnzahlung und Arbeitsleistung stehen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis, sodass die Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen.
3. Der Lohnanspruch besteht fort, da sich B im Annahmeverzug befindet (§ 615 S. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Befindet sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug, so behält der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch, ohne die ausgefallene Arbeit nachleisten zu müssen (§ 615 S. 1 BGB). Der Annahmeverzug richtet sich nach den §§ 293ff. BGB. Insbesondere bedarf es eines tatsächlichen Angebotes (§ 294 BGB), sofern dieses nicht entbehrlich ist.Gründe, für die Entbehrlichkeit des tatsächlichen Angebotes liegen nicht vor. A war verpflichtet, ihre Arbeitsleistung in Bs Betrieb tatsächlich anzubieten. Dies hat sie nicht getan. Somit liegen die Voraussetzungen des Annahmeverzuges nicht vor.
4. Der Lohnanspruch besteht fort, da das Risiko, dass A zur Arbeit kommen kann (Wegerisiko), zum Betriebsrisiko des B gehört (§ 615 S. 3 BGB iVm § 615 S. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Nach der Lehre zum Betriebsrisiko trägt der Abeitgeber das Risiko bei allen Störungen, die dem betrieblichen Bereich und damit seiner Risikosphäre zuzuordnen sind (§§ 615 S. 3 BGB iVm § 615 S. 1, 2 BGB. Hierzu gehören das Versagen von Betriebsmitteln, äußere Einwirkungen auf den Betrieb oder Betriebsunterbrechungen aufgrund behördlicher Anordnung.Das Wegerisiko der A ist kein betriebstechnischer Grund. Vielmehr zählt dies zur Sphäre des Arbeitnehmers. B muss hierfür also nicht einstehen.
5. Der Lohnanspruch besteht fort, da ein persönlicher Hinderungsgrund vorlag (§ 616 S. 1 BGB).
Nein!
Der Lohnanspruch bleibt erhalten, wenn der Arbeitnehmer (1) für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit, (2) durch einen in seiner Person liegenden Grund (3) ohne Verschulden (4) am Erbringen der Arbeitsleistung verhindert ist (§ 616 S. 1 BGB).Bei dem Sturm handelt es sich nicht um einen in der Person der A liegenden Grund, sondern einen objektiven Hinderungsgrund. Solche objektiven Hinderungsgründe treffen jeden gleichermaßen und werden von der Lohnfortzahlungspflicht des § 616 S. 1 BGB deshalb nicht umfasst.
6. Kann A für den 22.2 von B Lohn fordern?
Nein, das ist nicht der Fall!
Entfällt die Verpflichtung zur Arbeitsleistung wegen Unmöglichkeit, so geht auch der Anspruch auf die vertraglich geschuldete Vergütung unter (§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB). Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine anspruchserhaltende Vorschrift eingreift.Da As Arbeitsleistung unmöglich geworden ist, liegen die Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Anspruchserhaltende Vorschriften greifen nicht zugunsten der A ein. Somit ist ihr Anspruch untergegangen.