Zivilrecht

Sachenrecht

Sicherungsrechte an beweglichen Sachen

Stellung des Hypothekar nach Eintragung der Hypothek vor Entstehung der Forderung oder vor Briefübergabe

Stellung des Hypothekar nach Eintragung der Hypothek vor Entstehung der Forderung oder vor Briefübergabe

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Zur Sicherung eines Darlehens wird zugunsten des A das Grundstück des B mit einer Briefhypothek belastet. Am 02.01. wird die Hypothek ins Grundbuch eingetragen. Am 05.01. erhält A den Hypothekenbrief von B.

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Einordnung des Falls

Stellung des Hypothekar nach Eintragung der Hypothek vor Entstehung der Forderung oder vor Briefübergabe

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Briefhypothek zugunsten des A ist am 02.01. entstanden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Erwerb einer Fremdbriefhypothek setzt voraus: (1) Bestehende Forderung, (2) Einigung, (3) Eintragung im Grundbuch, (4) Ausstellung und Übergabe des Hypothekenbriefs.Am 02.01. wurde dem A der Hypothekenbrief bisher nicht übergeben. Mangels abweichender Vereinbarungen (§ 1117 Abs. 2 BGB) erwirbt A die Briefhypothek allerdings erst, wenn der Brief ihm von B ausgehändigt wird.Bis zur Aushändigung des Hypothekenbriefs liegt eine Eigentümerhypothek zugunsten des B vor (§ 1163 Abs. 2 BGB).
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2. A erwirbt am 02.01. nach h.M. ein Anwartschaftsrecht hinsichtlich der Hypothek.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Anwartschaftsrecht erwirbt, wer bei einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechtsgeschäfts schon so viele Erfordernisse für den Erwerb erfüllt, dass die andere Partei den Rechtserwerb nicht mehr einseitig verhindern kann.Nachdem die Hypothek ins Grundbuch eingetragen ist, kann B sie nicht mehr einseitig löschen lassen. Allerdings wird A erst dann Inhaber der Briefhypothek, wenn B ihm den Hypothekenbrief aushändigt (§ 1117 Abs. 1 BGB). Der Erwerb der Briefhypothek kann daher von B noch einseitig verhindert werden.Ein Teil der Literatur (z.B. Wellenhofer, Baur/Stürner) nimmt hier dennoch ein Anwartschaftsrecht an.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

cjackson94

cjackson94

20.4.2023, 10:56:18

Wie würde sich der Fall verhalten, wenn es um eine Buchhypothek ginge?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.4.2023, 12:25:45

Hallo cjackson94, die Entstehung der Buchhypothek folgt im Grunde demselben Schema wie die Entstehung der Buchhypothek. Es müssen zunächst Einigung (§§ 873 Abs. 1, 1113 Abs. 1 BGB) und Eintragung (§§ 873 Abs. 1, 1115 Abs. 1 BGB) gegeben sein. Statt der Übergabe des Briefes gem. § 1

117 BGB

ist der Ausschluss der Brieferteilung gem. § 1116 BGB erfoderlich. In der Praxis lautet wird die Eintragung der Buchhypothek oft um einen Zusatz wie "Hypothek ohne Brief" oder "brieflos" ergänzt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

cjackson94

cjackson94

21.4.2023, 09:42:39

Das ist alles soweit klar. :) Aber wie verhält sich das im Bezug auf ein

Anwartschaftsrecht

? Kann bei einer Buchhypothek ein

Anwartschaftsrecht

entstehen? 🤔 zB in dem Moment, in dem die Briefübergabe ausgeschlossen wurde?

EVA

evanici

18.9.2023, 18:42:12

Fehlt da nicht die Berechtigung im Schema des Hypothekenerwerbs?

Paulah

Paulah

31.10.2024, 14:01:09

Besteht nicht ein Anspruch auf Herausgabe des

Hypothekenbrief

s aus § 985 i.V. m. § 952 II BGB? Dann könnte der Eintritt der letzten Voraussetzung doch nicht mehr verhindert werden und damit bestünde ein

Anwartschaftsrecht

.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

3.11.2024, 10:19:35

Hallo @[Paulah](135148), darüber kann man natürlich diskutieren. Das Schrifttum verlangt aber für das Entstehen eines

Anwartschaftsrecht

s (AnwR) typischerweise, dass der Erwerb des Vollrechts nicht mehr vom Willen des Schuldners, sondern nur noch vom Willen des Gläubigers abhängen darf. In deinem Beispiel hat der Gläubiger "nur" einen

Herausgabeanspruch

. Diesen Anspruch muss der Schuldner erstmal erfüllen bzw wenn er das ablehnt, muss mühsam auf Herausgabe geklagt werden - und evtl stellt sich heraus, dass der

Hypothekenbrief

gar nicht mehr auffindbar ist, was weitere Probleme mit sich bringt. Jedenfalls bedarf es für die Herausgabe noch einer willentlichen Mitwirkung des Schuldners. Deswegen lehnt der wohl deutlich überwiegende Teil der Lit hier ein AnwR ab, auch vor dem Hintergrund des § 1163 II BGB (MüKoBGB/Lieder, 9. Aufl 2023, § 1163 Rn 33; Schulze ua/Staudinger, BGB, 12. Aufl 2024, § 1113 Rn 16; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Neubearb 2019, § 1163 Rn 63, tendenziell ebenso OLG Hamm OLGZ 1981, 19, 20 f). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Paulah

Paulah

3.11.2024, 10:40:50

Vielen Dank für die ausführliche Antwort und die Literaturstellen! Das kann ich nachvollziehen.


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