Persönl. Schutzbereich: Inländische juristische Personen des Privatrechts 2 - auch Personengesellschaften sind erfasst


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Die Y-OHG betreibt ein lukratives Import-Export-Geschäft. Die zuständige Steuerbehörde stellt massive Unregelmäßigkeiten fest und schließt kurzerhand den Betrieb der Y-OHG.

Einordnung des Falls

Persönl. Schutzbereich: Inländische juristische Personen des Privatrechts 2 - auch Personengesellschaften sind erfasst

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Inländische juristische Personen des Privatrechts können sich auf Grundrechte berufen, soweit diese ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG).

Genau, so ist das!

Inländische juristische Personen können sich auf Grundrechte berufen, soweit diese "ihrem Wesen nach" auf sie anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG). Grundrechte sind ihrem Wesen nach auf juristische Personen anwendbar, wenn das Grundrecht kollektiv ausgeübt werden kann, d.h. wenn das Grundrecht nicht an natürliche Eigenschaften des Menschen anknüpft. Maßgeblich ist, welche Freiheitsräume das jeweilige Grundrecht schaffen soll, ob juristische Personen diese Freiheitsräume auch nutzen können und ob eine zum Menschen vergleichbare grundrechtstypische Gefährdungslage besteht.

2. Die Y-OHG ist eine Personenvereinigung und keine juristische Person im Sinne des Privatrechts. Ihr ist deshalb eine Berufung auf Art. 19 Abs. 3 GG versagt.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Begriff "juristische Personen" iSd Art. 19 Abs. 3 GG wird untechnisch verstanden und knüpft nicht an die Regelungen des einfachen Rechts an. Andernfalls könnte der Gesetzgeber die Schutzwirkungen der Grundrechte für Personenmehrheiten ausschließen und sich seiner Grundrechtsverpflichtung (Art. 1 Abs. 3 GG) entziehen. Deshalb sind von Art. 19 Abs. 3 GG nicht nur juristische Personen im (Zivil-)Rechtssinne erfasst, sondern auch (teil-)rechtsfähige Personenvereinigungen (etwa OHG, KG, nicht eingetragener Verein, GbR) und sogar nichtrechtsfähige Personenmehrheiten. Die Y-OHG kann sich auf Art. 19 Abs. 3 GG berufen.

3. Die Berufsfreiheit kann kollektiv ausgeübt werden. Die Y-OHG kann sich daher auf die Berufsfreiheit berufen (Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG).

Ja!

Unter Beruf ist jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient. Zwar kann eine juristische Person einen Beruf nicht im Sinne einer Lebensaufgabe ausüben. Sie ist aber in der Lage, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe, zu betreiben. Insoweit besteht eine zum Menschen vergleichbare grundrechtstypische Gefährdungslage. Im Hinblick auf den weiten, nicht personal gebundenen Berufsbegriff ist die Berufsfreiheit deshalb nach Art.19 Abs.3 GG auch auf juristische Personen und Personenvereinigungen des Privatrechts anwendbar.

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IUS

iustus

22.10.2020, 18:27:16

Wäre es nicht besser in der Erklärung auch auf die binnenorganisatorische Struktur abzustellen, die eine Willensbildung zulässt und so die wesentliche Anwendbarkeit herzuleiten?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.12.2021, 11:00:10

Vielen Dank für Deinen Hinweis, iustus! Wir haben den Aufgabentext noch einmal überarbeitet und dabei noch stärker hervorgehoben, dass das BVerfG die wesensmäßige Anwendbarkeit vor allem damit begründet, dass der Begriff des Berufes weit verstanden wird und nicht personal gebunden ist. Unter Schutz steht im Wesentlichen die auf Erwerbszwecke ausgerichtete Tätigkeit, die letztlich in gleicher Weise von juristischen Personen ausgeübt werden kann (vgl. BVerfGE 102, 197, 213). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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