+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Vera Müller ist seit 20 Jahren angestellte Kassiererin im lokalen Supermarkt. Schnösel S, der es irgendwie an die Spitze des lokalen Gewerbeamts geschafft hat, meint, das sei doch kein Beruf.
Einordnung des Falls
Begriff des Berufs
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Art. 12 Abs. 1 GG enthält ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit.
Ja!
Nach dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG scheint die Berufswahlfreiheit schrankenlos gewährt zu sein, während die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG einem Regelungsvorbehalt unterliegt. Art. 12 Abs. 1 GG beinhaltet jedoch ein einheitliches Grundrecht. Deshalb unterliegt der gesamte einheitliche Schutzbereich der Berufsfreiheit – also Berufswahl, Berufsausübung und Ausbildungsfreiheit – gleichermaßen dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG.
Auf Rechtfertigungsebene können sich indes Unterschiede zwischen Berufswahl, Berufsausübung und Ausbildung ergeben.
2. Der Begriff des Berufs im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst anerkannte und etablierte Berufsbilder, wie etwa den Beruf der Kassiererin.
Genau, so ist das!
Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und in ideeller und materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Der Berufsbegriff ist danach denkbar weit.
Kassiererin ist - ganz unabhängig von der unmaßgeblichen Meinung von Schnösel S - ein etablierter und anerkannter Beruf, der auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage von Vera Müller dient.