Strafrecht

BT 5: Verkehrsdelikte

Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b StGB

§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB: Ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff („Pervertierung“) – Rechtsgut nicht verletzt

§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB: Ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff („Pervertierung“) – Rechtsgut nicht verletzt

16. April 2025

16 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

F und T wollen einen Versicherungsschaden an Fs Pkw herbeiführen. Dazu fährt T mit einem bei O gemieteten Pkw absichtlich auf den am Straßenrand geparkten Pkw der F auf. Am Pkw der O entsteht ein bedeutender Sachschaden.

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Einordnung des Falls

§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB: Ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff („Pervertierung“) – Rechtsgut nicht verletzt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich gemäß § 315b Abs. 1 StGB strafbar gemacht, wenn er die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt hat, dass er einen unter Nr. 1-3 entsprechenden gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vorgenommen hat.

Genau, so ist das!

§ 315b Abs. 1 StGB setzt voraus: (1) einen Eingriff (Nr. 1-3), der (2) für die Sicherheit des Straßenverkehrs (abstrakt) gefährlich ist und (3) sich zu einer konkreten Gefährdung für eines der Schutzobjekte verdichtet. § 315b StGB soll grundsätzlich nur verkehrsfremde Eingriffe unterbinden, die von außen her die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs beeinträchtigen, indem sie diesen in seinem ungestörten, geregelten Ablauf gefährden (sog. Außeneingriffe).
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2. Indem T auf den Pkw der F auffuhr, hat er einen unter § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB fallenden „Außeneingriff“ vorgenommen

Nein, das trifft nicht zu!

§ 315b StGB erfasst im Gegensatz zu § 315c StGB grundsätzlich keine Vorgänge des fließenden oder ruhenden Verkehrs, sondern nur verkehrsfremde Einwirkungen (sog. Außeneingriffe). Das Auffahren auf den Pkw der F ist äußerlich betrachtet ein Vorgang des fließenden Verkehrs, also ein verkehrsinternes Verhalten. Ausnahmsweise wird die Sperrwirkung des spezielleren und grundsätzlich abschließenden § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB bei verkehrsinternen Verhaltensweisen jedoch durchbrochen, wenn der Verkehrsteilnehmer den Verkehrsvorgang zu einem verkehrsfeindlichen Inneneingriff pervertiert. Nach st.Rspr. muss ein (mindestens bedingter) Schädigungsvorsatz hinzukommen.

3. Indem T auf den Pkw der F auffuhr, hat er einen unter § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB fallenden „verkehrsfeindlichen Inneneingriff“ vorgenommen.

Ja!

Ein verkehrsfeindlicher Inneneingriff erfordert, dass objektiv durch grobe Einwirkung von einigem Gewicht und subjektiv in verkehrsfeindlicher Absicht in die Sicherheit des Straßenverkehrs eingegriffen wird, was gegeben ist, wenn ein Pkw als Waffe oder Schadenswerkzeug zweckentfremdet wird. Nach st.Rspr. muss ein (mindestens bedingter) Schädigungsvorsatz hinzukommen. T hat den Pkw nicht mehr primär als Fortbewegungsmittel genutzt, sondern ihn durch gezieltes Auffahren absichtlich zur Schädigung eingesetzt. Daher liegt eine verkehrsfeindliche Pervertierung des Verkehrsvorgangs zu einem ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vor (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB).

4. Ts Verhalten müsste die allgemeine Verkehrsgefahr erhöht haben (§ 315b Abs. 1 StGB). Könnte dies daran scheitern, dass der Unfall gestellt war?

Genau, so ist das!

„Zwischenerfolg“ des § 315b StGB ist eine (abstrakte) Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs. Diese ist eingetreten, wenn der Eingriff sich störend auf Verkehrsvorgänge auswirkt und so zu einer Steigerung der allgemeinen Verkehrsgefahr führt. Dies ist bei einvernehmlich herbeigeführten Verkehrsunfällen (z.B. zum Zwecke des Versicherungsbetruges) nicht der Fall, wenn die Gefährdung und der Schädigungsvorsatz sich ausschließlich auf die beteiligten Personen und Pkw beschränken. Denn solche gestellten Unfälle steigern die Verkehrsgefahr nur für die Beteiligten, nicht für die Allgemeinheit, sodass das (ausdrücklich als Tatbestandsmerkmal normierte) Rechtsgut, nämlich die Sicherheit des Straßenverkehrs, nicht beeiträchtigt wird. Der gestellte Unfall mit As parkenden Pkw steigert nicht die Gefahr für den allgemeinen Verkehr. T hat nicht die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

18.2.2023, 11:43:42

Ist die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht durch das Bereiten des Hindernisses in Form des Unfalls beeinträchtigt?

Dogu

Dogu

1.11.2023, 18:47:25

Ich denke, man bräuchte für diese Frage eine Skizze bzw. nähere Angabe zum Verkehrsaufkommen an dieser Straße. Eine abgelegene Straße in einer 30iger-Zone in einem Wohngebiet würde mE dagegen sprechen.

AN

An

29.11.2023, 10:02:42

Mich hat die Antwort auf diese Frage tatsächlich auch überrascht. Der übrige Verkehr wird doch gerade bei einem Unfall mit erheblichem Sachschaden beeinträchtigt durch zB Aufräumarbeiten der Straße, Abtransport der beschädigten Fahrzeuge etc. Wo zieht man hier die Grenze zur Beeinträchtigung und was gilt als normales Verkehrsgeschehen, dass von anderen Verkehrsteilnehmenden hinzunehmen ist?

Burumar🐸

Burumar🐸

17.7.2024, 16:23:26

*push

WY

Wysiati

21.11.2024, 17:36:08

@[Im🍑nderabilie](170862) Ganz genau. Vor allem nennt der Sachverhalt ausdrücklich den Straßenrand. Das Auffahren auf ein am Straßenrand geparktes Auto soll also in keiner Weise die allgemeine Verkehrsgefahr, beispielsweise für vorbeigehende Fußgänger oder dort fahrende Fahrräder und Autos erhöhen? Das finde ich sehr fragwürdig.

FUCH

Fuchsfrauchen

25.1.2025, 17:22:55

Für mich klingt die Antwort in etwa so "weil Versicherungsbetrug, ist das Rechtsgut Straßenverkehr nicht beeinträchtigt". Das macht für mich aber wenig Sinn, da die abstrakte Gefährdung unabhängig vom Versicherungsbetrug besteht oder nicht besteht.🤔

Suya Götz

Suya Götz

13.8.2024, 10:12:30

In der vorherigen Frage ging es darum, dass bereits keine

abstrakte Gefahr

entstanden ist, da sich die Gefährdung auf die Beteiligten Personen und Sachen beschränkt. Wenn man also schon davor aus der Prüfung rausfliegt, kommt es doch gar nicht mehr darauf an, ob die konkrete Gefahr gegeben jst? Oder habe ich einen Denkfehler? Danke!

BE

Bioshock Energy

21.9.2024, 08:36:35

Nein, du hast Recht, kommt man nicht. Vermutlich wurde hier aus didaktischen Gründen weitergeprüft. Könnte man allerdings, um Verwirrung zu vermeiden vll. als Vertiefungshinweis mit aufnehmen. LG

AS

as.mzkw

22.11.2024, 09:48:57

sehr lebensfern, dass dieser schadlos geblieben sein soll, muss man dazu nichts sagen als taugliches Tatobjekt?

pio1sn

pio1sn

21.1.2025, 12:16:48

Dadurch, dass der

315b

hier ausscheidet, muss man nichts zur F sagen. Wenn man hypothetisch annehmen würde, dass die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtig wäre, dann würde man auch hier einen Schaden an einer fremden Sache verneinen, weil die F Mittäterin ist. Das Fahrzeug der T ist somit kein taugliches Objekt iSd

315b

I Nr. 3. Zudem steht im SV nicht wie hoch der Schaden an F‘s Fahrzeug ist.


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