Öffentliches Recht
Grundrechte
Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG)
Persönlicher Schutzbereich: Personengesellschaft des Privatrechts
Persönlicher Schutzbereich: Personengesellschaft des Privatrechts
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die "Heute Helfen" GbR unterstützt Geflüchtete. In einem Schreiben an Förderer schreibt die GbR, die EU trage eine Mitverantwortung an den Verbrechen gegen Geflüchtete und ihrem Leid. Innenministerin I findet das infam und will gegen die GbR vorgehen.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Persönlicher Schutzbereich: Personengesellschaft des Privatrechts
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der sachliche Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) ist eröffnet.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Inländische juristische Personen können sich auf Grundrechte berufen, soweit diese ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind.
Ja!
3. Die "Heute Helfen" GbR ist eine Personenvereinigung und keine juristische Person im Sinne des Privatrechts. Ihr ist deshalb eine Berufung auf Art. 19 Abs. 3 GG versagt.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Die Meinungsfreiheit kann kollektiv ausgeübt werden. Die "Heute Helfen" GbR kann sich daher auf die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) berufen.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Benji
2.3.2022, 14:41:22
Inwiefern knüpft die Fähigkeit, sich eine freie Meinung zu bilden, nicht an "natürliche Eigenschaften" des Menschen an? Auch die mittels einer juristischen Person getätigten Äußerungen werden doch letztlich von den dahinterstehenden Menschen getroffen und nicht von Computern bzw. Robotern. Das Argument für die Übertragbarkeit auf juristische Personen etc. müsste es doch gerade sein, dass diese an die natürliche Eigenschaft eines Menschen anknüpft, nur eben "versteckt" und oft nicht als Ausdruck einer einzelnen Person sondern m
ehrerer. Wobei man das vor dem Hintergrund der ursprünglichen Konzeption der Grundrechte als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat auch als Argument ins Gegenteil verk
ehren könnte: schützt Art. 5 Abs. 1 GG nicht gerade den individuellen Meinungsbildungsprozess? Dienen im Deckmantel einer juristischen Person getätigte Meinungen der offenen, pluralistischen Meinungsbildung? Mich würde interessieren, was ihr dazu denkt.
Lukas_Mengestu
7.3.2022, 14:28:17
Hallo BenBo, zugegebenermaßen ist das Kriterium "natürliche Eigenschaften" des Menschen nicht trennscharf. Denn in der Tat lässt sich alles Handeln einer "juristischen Person" auf die dahinterstehenden Personen zurückführen. So rechtfertigt das BVerfG (NJW 1967, 1411) die Einbeziehung letztlich ja auch damit, dass eine Anwendung erfolgen müsse, wenn der "Durchgriff auf die hinter den juristischen Personen stehenden Menschen dies als sinnvoll und erforderlich erscheinen lässt" (=personales Substrat). Soweit es also heißt, dass das Grundrecht nicht an natürliche Qualitäten des Menschen anknüpfen dürfe, so zielt dies vor allem darauf ab, Grundrechte auszugrenzen, die sich nicht sinnvoll auf eine juristische Person übertragen lassen, da sie an die physische Existenz anknüpfen, zB Leben, Gesundheit, Freiheit, oder auch an das Menschsein an sich (z.B. Ehe, Familie und Menschenwürde). Kann ein Grundrecht dagegen kollektiv ausgeübt werden, z.B. das gemeinsame Bilden einer Meinung, dann ist die Ausübung dieses Grundrechts gerade nicht auf das Individuum beschränkt, sondern gleichsam auch durch eine juristische Person ausübbar. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
david1234
12.11.2024, 15:55:52
eine Aktualisierung würde sich anbieten.