Vorbeugender öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch

31. Mai 2025

8 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Anwalt A hat sich von seinem Partner, dem Bürgermeister B der Gemeinde G, getrennt. Aus Wut kündigt Bürgermeister B dem A an, auf der Internetseite der Gemeinde G vor der schlechten Beratung in As Kanzlei zu warnen. A will das verhindern.

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Einordnung des Falls

Vorbeugender öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A könnte einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gegen die Gemeinde haben.

Ja, in der Tat!

Der vorbeugende (öffentlich-rechtliche) Unterlassungsanspruch ist einschlägig, wenn der Bürger gegen eine bevorstehende rechtswidrige Beeinträchtigung durch hoheitliches Realhandeln vorgehen will. Das Ziel besteht darin, die Beeinträchtigung abzuwehren, bevor sie entsteht. Die Veröffentlichung einer „Warnung“ auf der offiziellen Internetseite der G durch den B in seiner Funktion als Bürgermeister wäre hoheitliches Realhandeln. Dieses findet noch nicht statt, sondern steht bevor. B handelt als Organ der G. In Betracht kommt der vorbeugende Unterlassungsanspruch gegen G.
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2. Wird der vorbeugende öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch anders hergeleitet als der „schlichte“ öffentlich-rechtliche Abwehranspruch?

Nein!

Der maßgebliche Unterschied zwischen dem „schlichten“ Abwehranspruch (auch Abwehr- und Unterlassungsanspruch genannt) besteht darin, dass der Abwehranspruch eine bestehende Beeinträchtigung beenden soll und der vorbeugende Unterlassungsanspruch darauf gerichtet ist, dass eine erwartete Beeinträchtigung gar nicht erst eintritt. Die Herleitung erfolgt in beiden Fällen aus dem Rechtsstaatsprinzip, den Grundrechten und §§ 12, 862, 1004 BGB analog. In der Literatur finden sich verschiedenste Begriffe für die Ansprüche. Oft werden sie auch als ein Anspruch abgehandelt. Die Bezeichnung ist letztlich auch zweitrangig. Hauptsache, Du prägst Dir ein, dass sowohl eine bestehende als auch eine bevorstehende Beeinträchtigung abgewehrt werden kann und beachtest die kleinen Unterschiede der Anspruchsvoraussetzungen.

3. A muss eine bestehende subjektive Rechtsverletzung geltend machen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Im Rahmen des vorbeugenden Unterlassungsanspruch muss eine subjektive Rechtsverletzung durch hoheitliches Realhandeln gerade noch nicht eingetreten sein. Es muss gerade kein andauernder Eingriff in die Rechte des Betroffenen vorliegen. Vielmehr muss dieser eine Erstbegehungsgefahr geltend machen können. Diese kann in der Regel vor allem dann angenommen werden, wenn die Behörde ein bestimmtes Verhalten konkret angekündigt hat. Für die Geltendmachung des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs reicht es aus, dass B gegenüber A konkret angekündigt hat, die „Warnung“ auf der Internetseite der Gemeinde zu veröffentlichen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SAUFE

Saufen_Fetzt

20.2.2023, 10:10:18

Wie steht ihr denn zur

Verwendung

der Begrifflichkeiten “Eingriff” vs “Beeinträchtigung” beim Abwehr- und Unterlassungsanspruch? Die Ressourcen sind sich da uneins.

nika134

nika134

19.11.2024, 17:52:07

Was ist die Relevanz des § 12 BGB in der Herleitung der beiden Ansprüche?

FFUC

Franzi Fuchs

18.2.2025, 11:32:03

Die Relevanz von §12 würde mich auch interessieren!:)

Ketanji

Ketanji

2.3.2025, 11:09:44

es sollte Art 12 GG wegen der Verletzung der Berufsfreiheit sein

Charliefux

Charliefux

5.4.2025, 11:49:09

@[Ketanji](244607), nein, bei der Herleitung ist nicht Art. 12 GG sondern § 12 BGB gemeint. Der (vorbeugende) öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch wird nach e.A. Aus §§ 12, 862,

1004 BGB analog

hergeleitet. In öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird der § 12 BGB herangezogen, um Unterlassungsansprüche zu begründen, wenn eine öffentlich-rechtliche Institution in die Rechte eines Einzelnen eingreift, beispielsweise durch unrechtmäßige

Verwendung

von persönlichen Daten, Bildern oder Namen. Das Ziel ist hier, den Schutz des Einzelnen auch im öffentlichen Bereich zu gewährleisten, wenn jemand durch behördliches Handeln oder andere staatliche Eingriffe unrechtmäßig in sein Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird. Nach anderen Ansichten wird der (vorbeugende) ÖR Unterlassungsasnpruch als Ausfluss der Grundrechte oder aus Art. 20 III GG hergeleitet. Alle Ansichten sollten erwähnt werden, aber eine Diskussion ist nicht nötig, da der Anspruch jedenfalls allgemein anerkannt ist.

Ketanji

Ketanji

5.4.2025, 15:29:28

Danke

OKA

okalinkk

11.3.2025, 10:55:43

welches subjektive öffentliche Recht des Anwalts wäre hier betroffen? Art 12 GG?

FL

Florian

21.4.2025, 19:19:22

Ich würde hier eher auf Art 2 Abs. 1, Art 1 Abs. 1 GG, also das APR abstellen:)


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