§ 315d Abs. 2 StGB: Keine Qualifikation zu Abs. 1 Nr. 1


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Auf Antrag erhält der Rennveranstalter T eine Genehmigung für ein Kfz-Rennen in der Flensburger Innenstadt. Die Genehmigung leidet aber ganz offensichtlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler. Bei dem von T ausgerichteten Rennen wird ein Unbeteiligter beinahe überfahren.

Einordnung des Falls

§ 315d Abs. 2 StGB: Keine Qualifikation zu Abs. 1 Nr. 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat ein „nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen im öffentlichen Straßenverkehr ausgerichtet“ (§ 315d Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB).

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Ja!

Nicht erlaubt ist ein Kfz-Rennen, wenn keine behördliche Genehmigung (§ 46 Abs. 2 S. 1, 3 StVO) vorliegt. Dieses negative objektive Tatbestandsmerkmal verhält sich verwaltungsrechts-akzessorisch. Deshalb ist nicht die materielle Rechtmäßigkeit entscheidend, sondern die Wirksamkeit der Genehmigung. Dem Kfz-Rennen lag hier nicht nur eine materiell rechtswidrige Genehmigung zugrunde. Die Genehmigung ist wegen eines besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Fehlers sogar nichtig (§ 44 Abs. 1 VwVfG). Somit hat T ein nicht erlaubtes Kfz-Rennen ausgerichtet. Dieses Rennen ereignete sich auch im öffentlichen Straßenverkehr.

2. Da bei dem Rennen ein Unbeteiligter beinahe überfahren wurde, hat T den objektiven Tatbestand der Qualifikation des § 315d Abs. 2 StGB verwirklicht.

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Nein, das ist nicht der Fall!

§ 315d Abs. 2 StGB schützt neben der Sicherheit des Straßenverkehrs auch das Leben, die körperliche Unversehrtheit und das Eigentum. Insofern ist § 315d Abs. 2 StGB ein konkretes Gefährdungsdelikt und eine Qualifikation zu § 315d Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB, die entsprechend § 315c Abs. 1 StGB an Beinahe-Verletzungen von Leib, Leben oder fremden Sachen von bedeutendem Wert anknüpft. Von § 315d Abs. 2 StGB wird § 315d Abs. 1 Nr. 1 StGB aber gerade nicht in Bezug genommen. Daher hat T als Ausrichter den objektiven Tatbestand des § 315d Abs. 2 StGB auch nicht verwirklicht.

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Alv Tny Km

Alv Tny Km

19.1.2023, 11:48:38

Wie wirkt es sich jedoch aus, dass der Veranstalter denkt, die Genehmigung sei wirksam? Für den Laien wird es wohl kaum möglich sein, dies erkennen zu können? Danke.


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