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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Erblasserin E unterhält ein Wertpapierdepot bei der B-Bank. E vereinbart mit B im Jahre 2000, dass bei Tod der E die B ein Schenkungsangebot der E bezüglich der Wertpapiere an E's Cousine C weiterleiten solle. Durch formwirksames Testament verfügt E 2017 über sämtliches bei B hinterlegtes Vermögen und setzt hierfür ihre Nichte N als Erbin ein. Nach dem Tod der E 2018 erfährt C vom Testament. 2019 leitet B an C das Schenkungsangebot weiter. C nimmt an, woraufhin B die Wertpapiere auf C überträgt. N verlangt Herausgabe.

Einordnung des Falls

Widerruf eines Schenkungsangebots durch Testament

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. N könnte ein Herausgabeanspruch gegen C nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zustehen.

Genau, so ist das!

Ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB setzt voraus, dass (1) etwas, (2) durch Leistung und (3) ohne Rechtsgrund erlangt wurde. "Etwas" im Sinne der Norm ist jedwede Verbesserung der Vermögenslage. Der Vorteil muss tatsächlich in das Vermögen des Schuldners übergegangen sein.Eine Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.

2. Ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB scheidet aus, da es an einer Leistung der N an C fehlt.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. C hat in Form des Schenkungsangebotes und durch die Übertragung des Eigentums an den Wertpapieren etwas erlangt. Die Weiterleitung des Schenkungsangebotes und die Übereignung erfolgte zwar durch B. Deren Verhalten war allerdings durch die E veranlasst, sodass es der E zurechenbar ist. Indem N als Erbin durch Universalsukzession (§ 1922 BGB) vollumfänglich in die Rechtsstellung der E eingetreten ist, ist sie zu behandeln, als sei die Leistung durch sie erfolgt.Ob in diesen Konstellationen die Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) oder die Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) anzuwenden ist, ist umstritten. Wie hier: Heinrich, Examensrepetitorium Zivilrecht, 2. Auflage, S. 579; der BGH lässt die Frage nach der Kondiktionsart offen. Wellenhofer neigt in JuS 2018, 809,- ohne Begründung - eher der Nichtleistungskondiktion zu.

3. E und B haben einen Vertrag zugunsten Dritter geschlossen (§§ 328, 331 BGB), der den Rechtsgrund für die Zuwendung an C darstellt.

Nein!

In Dreiecksverhältnissen ist streng zwischen Deckungsverhältnis, Valutaverhältnis und Vollzugsverhältnis zu unterscheiden. Das Deckungsverhältnis zwischen E und B ist ein Vertrag zugunsten Dritter unter Lebenden. Dieses verpflichtet aber nur E und B. Hingegen behandelt das Vollzugsverhältnis die Rechtsbeziehung zwischen B und C. Das ist die Rechtsbeziehung, in der die tatsächliche Güterverschiebung stattfindet. Das Valutaverhältnis schließlich meint die rechtliche Beziehung zwischen E und C. Allein aus dem Valutaverhältnis kann ein Rechtsgrund hergeleitet werden. (Zu den Begrifflichkeiten: Medicus, Bürgerliches Recht, 25. A., RdNr. 674.)

4. Mit Tod der E konnte ihre Willenserklärung (Schenkungsangebot) nicht mehr wirksam an die C übermittelt werden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Tod des Erklärenden führt nicht automatisch zum Erlöschen des Angebotes. Anders ist dies nur, wenn sich dies aus dem Willen des Erklärenden ergibt (§ 153 BGB). Das ergibt sich auch aus § 130 Abs. 2 BGB, wonach der Tod des Erklärenden für die Wirksamkeit der Erklärung ohne Folge ist. E kam es gerade darauf an, dass ihre Willenserklärung erst nach ihrem Tod übermittelt wird und nicht erlischt. B überbrachte die Willenserklärung der E somit wirksam als Botin.

5. Ein wirksamer Schenkungsvertrag, der einen Rechtsgrund im Valutaverhältnis darstellt, ist nicht zustande gekommen, wenn das Schenkungsangebot rechtzeitig widerrufen wurde.

Ja, in der Tat!

Eine Willenserklärung wird dann nicht wirksam, wenn sie rechtzeitig widerrufen wurde (§ 130 Abs. 1 Hs. 2 BGB). Rechtzeitig meint vor oder gleichzeitig mit Zugang der Erklärung. Unerheblich ist vorliegend, welche Vereinbarungen zwischen E und B hinsichtlich des Widerrufs getroffen wurden. Denn hier handelt es sich um Abreden aus dem Deckungsverhältnis, die für das Valutaverhältnis (zwischen E und C) ohne Bedeutung sind. Maßgeblich ist also allein der Widerruf gegenüber C.

6. Der Widerruf erfolgte hier durch das Testament aus dem Jahr 2017.

Ja!

Die testamentarische Verfügung enthält zwar keinen ausdrücklichen Widerruf des Schenkungsangebots. Der Widerruf konnte aber auch konkludent erfolgen. Die E verfügte in ihrem Testament über alles bei der B vorhandene Kapitalvermögen. Dies legt nahe, dass auch das Wertpapierdepot von der Verteilung im Testament umfasst war. Denn die vollständige Verteilung des Vermögens lässt den Willen der E erkennen, frühere Verfügungen nicht mehr gelten zu lassen und sich von diesen lösen zu wollen. Das Bewusstsein, das eigene Vermögen vollständig zu verteilen, schließt in aller Regel das Bewusstsein ein, bisher getroffene Verfügungen zu widerrufen (BGH, RdNr. 25f).

7. Der Widerruf des Schenkungsangebots ging der C vor der Annahme ihres Angebotes zu.

Ja, in der Tat!

Der Widerruf stellt eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar. Für das Wirksamwerden einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist - außer dem Zugang an den Erklärungsgegner - erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Erklärung mit Willen des Erklärenden in den Verkehr gelangt ist und der Erklärende damit rechnen konnte, dass sie (sei es auch auf Umwegen) den richtigen Empfänger erreichen werde C hatte bereits 2018 Kenntnis von der anderweitigen testamentarischen Verfügung der E. E hat das Testament in amtliche Verwahrung (§ 2248 BGB) gegeben und damit sichergestellt, dass alle Betroffenen - nicht nur die Begünstigten - vom Inhalt des Testaments informiert werden. Damit musste C im Zeitpunkt der späteren Übertragung der Wertpapiere 2019 davon ausgehen, dass die dem zugrunde liegende Verfügung zu ihren Gunsten durch das spätere Testament aufgehoben worden war (BGH, RdNr. 30ff.).

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