Grundsatz: Schweigen keine Annahme
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Buchhändlerin V schickt dem K (Verbraucher) unaufgefordert den neuen Grüneberg. Im Anschreiben heißt es: Wenn V von K innerhalb von zwei Wochen keine Antwort erhalte, gehe sie davon aus, dass K durch sein Schweigen das Angebot zum Kauf des Grünebergs für €115 annimmt. K schweigt.
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Einordnung des Falls
Grundsatz: Schweigen keine Annahme
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V hat ein Angebot (§§ 145ff. BGB) zum Abschluss eines Kaufvertrages (§ 433 BGB) abgegeben.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. K hat durch sein Schweigen seinen Rechtsfolgewillen zum Ausdruck gebracht und das Angebot angenommen.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Anna
5.12.2020, 12:12:31
Schweigen (Nichtstun) gilt im Rechtsverkehr ferner als Willenserklärung in Form der Annahme, soweit die Vertragsparteien weniger schutzbedürftig sind als Verbraucher (§13 BGB). Ein Kaufmann (§§1-
6 HGB) kann mittels Schweigen den Antrag des Vertragspartners annahmen, sofern die Voraussetzungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens vorliegen.
Eigentum verpflichtet 🏔️
6.12.2020, 12:35:52
Hallo Anna, danke für deinen Kommentar. Wir haben das kaufmännische Bestätigungsschreiben als weitere Möglichkeit in die Antwort aufgenommen. Vorsicht aber mit der Aussage "soweit die Vertragsparteien weniger schutzbedürftig sind als Verbraucher (§ 13 BGB)". Ein Unternehmer nach § 14 BGB muss nicht immer auch Kaufmann im Sinne des HGB sein! (Wohingegen Kaufleute nach §§ 1ff. HGB immer Unternehmer und nie Verbraucher sind). Die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens gelten aber nur gegenüber Kaufleuten nach HGB! Nur diese können durch ein solches verpflichtet werden!
s.t.
3.9.2021, 12:31:44
Sind die aufgezählten Normen abschließend ?
Lukas_Mengestu
8.11.2021, 13:21:31
Hallo s.t., die Normen sind nicht abschließend zu verstehen. Dies würde die Aufgabe etwas sprengen. Schweigen als Zustimmung findest Du zB auch noch bei §§ 416 Abs. 1 S. 2 BGB bzw. 455 S. 2 BGB oder. als Ablehnung bei § 415 Abs. 2 S. 2 BGB bzw. bei § 451 Abs. 1 S. 2 BGB. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Laura
1.5.2022, 11:09:15
Würde ich hier den § 241a BGB ansprechen? Und wenn ja, an welcher Stelle wären diese Ausführung am besten?
Lukas_Mengestu
2.5.2022, 10:11:25
Hallo Laura, vielen Dank für die Nachfrage. Wenn hier B einfach nichts macht, dann ist nicht zwingend auf den § 241a BGB abzustellen. Anders ist dies, wenn er den Grüneberg nutzt. Dann könnte man in der Nutzung eine
konkludente Annahmeerklärung sehen. An dieser Stelle kommt dann § 241a BGB ins Spiel. Schau Dir hierzu gerne auch den folgenden Fall an: https://applink.jurafuchs.de/XFtBQCahHpb Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Paul21
17.10.2023, 01:13:57
Hallo Lukas, dann ist mir aber nicht klar, warum der Sachverhalt die Information enthält, dass K Verbraucher ist. Das ist nicht relevant.
Kathi
21.6.2024, 11:15:22
ist es nicht deswegen relevant, weil Schweigen unter Händlern Erklärungswert hat und unter Verbrauchern gerade nicht?
Paul21
21.6.2024, 14:36:55
Nein, mMn nach nicht. Ich gehe davon aus, dass du über die handelsrechtlichen Ausnahmen sprichst, also insbesondere über §
362 HGBund über den Grundsatz des kaufmännischen Bestätigungsschreibens. Das geht aber insoweit fehlt, als es erstens nicht nur Verbraucher und Kaufleute gibt – nicht jeder Unternehmer (dh Nichtverbraucher) – ist zugleich auch Kaufmann iSd § 1 I HGB. Zweitens hat Schweigen grundsätzlich auch zwischen Kaufleute keinen Erklärungswert. Nur in den engen Grenzen vor allem des §
362 HGBund dem Grundsatz des kaufmännischen Bestätigungsschreibens wird dem Schweigen ausnahmsweise doch ein Erklärungswert beigemessen – das soeben beschriebene Regel-Ausnahme-Verhältnis gilt sowohl zwischen Kaufleuten als auch Nichtkaufleuten. Das sieht man nicht zuletzt daran, dass es ja auch für Nichtkaufleute und sogar Verbraucher Ausnahmen gibt, in denen das Schweigen einer Partei ausnahmsweise doch einen Erklärungswert hat, es sei an die dahingehende Parteiabrede, das außerhalb des Handelsrechts normierte Schweigen (zB § 516 II BGB oder § 1943 Hs. 2 BGB) oder an das beredte Schweigen nach § 242 BGB gedacht.