Fehlvorstellung von der Beute

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T entreißt der O im Stadtpark unter Anwendung von Gewalt eine Handtasche mit ungewissem Inhalt in der Absicht, das darin vermutete Bargeld zu behalten. Tatsächlich enthält die Tasche nur Schminkutensilien, die für T wertlos sind. Er wirft sie zu O zurück und flüchtet.

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Einordnung des Falls

Fehlvorstellung von der Beute

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der subjektive Tatbestand des Raubes setzt voraus, dass der Täter mit Zueignungsabsicht handelte.

Ja, in der Tat!

Neben Vorsatz bzgl. aller objektiven Tatbestandsmerkmale setzt der subjektive Tatbestand des Raubes voraus, dass der Täter mit Zueignungsabsicht handelte. Erforderlich ist dafür der Enteignungsvorsatz als der (mindestens Eventual-)Vorsatz dauerhafter Enteignung sowie die Aneignungsabsicht als die Absicht der (zumindest) vorübergehenden Aneignung.
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2. T handelte im Zeitpunkt der Wegnahme mit Zueignungsabsicht hinsichtlich des Tascheninhalts.

Nein!

BGH: T wollte sich nicht das Behältnis, sondern allein dessen Inhalt aneignen. Dieser bestand jedoch aus - für T wertlosen - Sachen, auf die sein Zueignungswille zum Zeitpunkt der Wegnahme nicht gerichtet war. Somit liegt lediglich versuchter Raub vor, von dem T nicht strafbefreiend zurücktreten konnte (§ 24 StGB), weil der Versuch aus seiner subjektiven Sicht fehlgeschlagen war.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BL

Blotgrim

2.1.2023, 12:03:00

Ist hier eine andere Ansicht vertretbar ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

2.1.2023, 16:25:28

Hallo Blotgrim, bei solchen Fällen musst Du Dich eng an den Sachverhalt halten. Ist die

Zueignungsabsicht

allein auf das Bar

geld

gerichtet, so liegt weder hinsichtlich des Behältnisses noch des sonstigen Inhaltes ein vollendeter Raub vor. Etwas anderes ist hier nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur schwer vertretbar (aber aufgepasst bei Abwandlungen des Sachverhaltes). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

28.8.2023, 16:41:04

Was wäre denn, wenn er ein teures Tablet oder teures Handy fand und es wegnimmt? Würde man hier eine

Zueignungsabsicht

annehmen oder stellt das einen später unbeachtlich gefassten Vorsatz?

Skywalker

Skywalker

23.10.2023, 23:50:26

In deiner Abwandlung ist es (anders als im ursprünglichem Fall) zu einem Vorsatzwechsel bzw. zu einem Wechsel der

Zueignungsabsicht

gekommen. In diesen Fällen kommt es darauf an, ob der Vorsatzwechsel wesentlich ist bzw. ob zwischenzeitlich der Vorsatz endgültig aufgegeben wurde. Gegen einen wesentlichen Vorsatzwechsel spricht sicherlich, dass Tablet oder Handy von gewissem Wert sind, was ihre Ähnlichkeit zum Bar

geld

zeigt. Andererseits spricht der Umstand, das der Täter Tablet oder Handy zunächst verkaufen müsste um seine Vorsätze gleich zu setzten, für einen wesentlichen Vorsatzwechsel. Wenn der Täter das Bar

geld

nur "vermutet" (was zeigen dürfte das sein Vorsatz nicht all zu konkretisiert ist), würde ich eher dazu tendieren, einen Vorsatzwechsel als unbeachtlich anzusehen und Vorsatz und

Zueignungsabsicht

bzgl. Tablet oder Handy bejahen. Gerade aber weil es sich beim Raub um ein Zweiaktiges Delikt handelt ist nicht jeder Vorsatzwechsel einfach als unwesentlich anzusehen. Nichtsdestotrotz wird beim besonders Schweren Fall (ebenfalls Zweiaktige Konstellation) und Fragen rund um die Geringwertigkeit der Sache ebenfalls eine Möglichkeit der Unbeachtlichkeit des Vorsatzwechsel anerkannt.

B333

b333

11.12.2023, 17:33:44

Wie wäre das zu beurteilen, wenn sich in der Tasche Falsch

geld

befunden hätte? Könnte man streng genommen auch den normalen Vorsatz verneinen mit der Begründung, dass sie eben echtes, aber nicht gefälschtes

Geld

weggenehmen wollte?


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