Zivilrechtliche Nebengebiete
Handelsrecht
Haftung bei Übertragung eines kaufmännischen Unternehmens
Eintritt in bestehendes Unternehmen eines Kaufmanns / Haftung der entstandenen Gesellschaft, § 28 Abs. 1 S. 1 HGB (Dauerschuldverhältnis)
Eintritt in bestehendes Unternehmen eines Kaufmanns / Haftung der entstandenen Gesellschaft, § 28 Abs. 1 S. 1 HGB (Dauerschuldverhältnis)
25. April 2025
11 Kommentare
4,8 ★ (20.278 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Die im Handelsregister eingetragene Boutique-Inhaberin A gründet mit B und C die ABC-KG. A bringt ihre Boutique als Einlage ein und wird Kommanditistin. Die von A für die Boutique gemieteten Geschäftsräume werden von der ABC-KG beibehalten. Vermieter V wendet sich nach Gründung der ABC-KG wegen rückständiger Miete an A.
Diesen Fall lösen 73,1 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Eintritt in bestehendes Unternehmen eines Kaufmanns / Haftung der entstandenen Gesellschaft, § 28 Abs. 1 S. 1 HGB (Dauerschuldverhältnis)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die ABC-KG haftet für die Altverbindlichkeiten aus A‘s früherem Handelsgeschäft (§ 28 Abs. 1 S. 1 HGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die rückständige Miete aus der Zeit, in der A alleinige Inhaberin des Unternehmens war, ist eine Altverbindlichkeit, für welche die ABC-KG haftet (§ 28 Abs. 1 S. 1 HGB).
Ja!
3. Die ABC-KG wurde mit Einbringung der Boutique zum neuen Vertragspartner des Vermieters (§ 28 Abs. 1 HGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Die ABC-KG haftet auch für nach Unternehmensübertragung fällig werdende Mietzinsansprüche (§ 28 Abs. 1 S. 1 HGB).
Ja, in der Tat!
5. A haftet persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der ABC-KG (§ 171 Abs. 1 HGB).
Nein!
6. V kann von A Zahlung der rückständigen Miete verlangen (§ 535 Abs. 2 BGB).
Genau, so ist das!
Fundstellen
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
iustus
26.5.2021, 19:43:43
Gibt es eigentlich gesetzlich geregelte Fälle einer Vertragsübernahme? :)
Delfinsohn
26.5.2021, 21:21:36
Moin Eine allgemeine gesetzliche Regelung zur Vertragsübernahme gibt es nicht. Es gibt aber vereinzelt in diese Richtung gehende Normen wie zB §§ 566 ff BGB, 581 II BGB und § 613a BGB. Ansonsten gibt es die Schuldübernahme (§ 414) und natürlich die
Abtretung(§ 398 BGB). Diese sind aber streng von der Vertragsübernahme abzugrenzen, denn diese zeichnet sich durch den vollständigen Übergang der Position des Vertragspartners aus. Hoffe das hilft Ich finde es übrigens cool dass du dich nicht nur für BWL, sondern auch für Jura interessierst 👍
by1111
26.4.2022, 11:13:22
So ganz stimmt das nicht. Bei einer Umwandlung des Rechtsträgers im Rahmen des UmwG gehen die Vetragspositionen ipso iure auf den übernehmenden Rechtsträger über. Insofern findet hier eine Vertragsübernahme von Gesetzes wegen statt.

Blackpanther
14.11.2022, 12:45:33
Was ist nach Ablauf der 5 Jahre? Wenn A weiterhin Mietvertragspartner ist, kann sie trotzdem weiter in Anspruch genommen werden. Nur von A als Kommanditistin der KG könnte nichts mehr verlangt werden, oder?

Nils
29.1.2024, 01:29:32
Der Veräußerer des Handelsgeschäfts haftet für die vor dem Übergang des Handelsgeschäfts auf den Dritten begründeten Geschäftsverbindlichkeiten (Altverbindlichkeiten) neben dem Erwerber als Gesamtschuldner unverändert weiter. Die Haftung des Erwerbers ist jedoch auf 5 Jahre beschränkt (
§ 26 HGB). § 26 I 3 HGB ordnet wiederum die entsprechende Anwendung der Verjährungsregelungen an, sodass Ansprüche nicht mehr durchgesetzt werden können. So würde ich das für mich einordnen.

Nils
29.1.2024, 01:29:34
Der Veräußerer des Handelsgeschäfts haftet für die vor dem Übergang des Handelsgeschäfts auf den Dritten begründeten Geschäftsverbindlichkeiten (Altverbindlichkeiten) neben dem Erwerber als Gesamtschuldner unverändert weiter. Die Haftung des Erwerbers ist jedoch auf 5 Jahre beschränkt (
§ 26 HGB). § 26 I 3 HGB ordnet wiederum die entsprechende Anwendung der Verjährungsregelungen an, sodass Ansprüche nicht mehr durchgesetzt werden können. So würde ich das für mich einordnen.
Dogu
1.3.2024, 11:01:51
Bei der Aufgabe zum Betriebsübergang wird in der Musterlösung ausgeführt, dass die Forderungen für die Monatslöhne erst nach dem Stichtag des Übergangs entstehen, obwohl der Arbeitsvertrag bereits zuvor geschlossen wurde. Bei § 28 HGB aber führt Ihr aus, dass für das Entstehen der Verbindlichkeit entscheidend ist, wann der Rechtsgrund gelegt wurde. Dann müsste man doch auch beim 613a BGB darauf abstellen, dass der Arbeitsvertrag bereits vor Betriebsübergang abgeschlossen wurde, mithin also auch die Löhne, die ein Jahr nach Übergang fällig werden, von der gesamtschuldnerischen Haftung erfasst sind. Wie wird diese Unterscheidung bezüglich der Entstehung einer Forderung bei 613a BGB (Erbringung der Leistung) und 28 HGB (Zeitpunkt des Vertragsschlusses) dogmatisch begründet?
millisiewert
5.4.2025, 12:30:32
Vielleicht liegt es an der unterschiedlichen Vertragsart. Beim Arbeitsvertrag wird die Vergütung erst fällig, wenn die Arbeit geleistet wurde und beim Mietvertrag ist dafür nichts weiter erforderlich. Aber ganz sinnvoll ist das auch nicht, weil der Arbeitsvertrag ja trotzdem Rechtsgrund ist. Deswegen wäre es cool wenn sich noch ein Moderator dazu äußern könnte :D

paulmachtexamen
23.2.2025, 13:30:19
Verstehe ich das richtig, dass A nur noch fünf Jahre, auch für noch in Zukunft fällig werdende Mietforderungen, haftet? Das würde ja zu dem Ergebnis führen, dass faktisch nach fünf Jahren der Vertragspartner des V gewechselt ist.