Meinungsfreiheit 1
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T fährt mit überhöhter Geschwindigkeit und wird bei einer Geschwindigkeitskontrolle durch den Polizisten P angehalten. Während P sich um die Formalia kümmert, bezeichnet die über diese Art von Verkehrsmessungen verärgerte T den P als "Wegelagerer" (= Straßenräuber).
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Einordnung des Falls
Meinungsfreiheit 1
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Es handelt sich um eine Tatsachenbehauptung.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Für § 185 StGB muss das Werturteil ehrverletzend sein.
Ja!
3. Bei der Würdigung der Äußerung der T als ehrverletzend ist deren Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) zu beachten.
Genau, so ist das!
4. Die Äußerung der T ist ein ehrverletzendes Werturteil (§ 185 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Vincent
26.11.2021, 16:42:40
Hey, ich dachte dass die Meinungsfreiheit eher bei der Rechtswidrigkeit (§193 StGB) eine Rolle spielt. Aber man kann es auch schon im Tatbestand ansprechen?:)
Lukas_Mengestu
29.11.2021, 10:19:15
Hallo Vincent, in der Tat entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BVerfG seit der "
Soldaten sind Mörder"-Entscheidung (BVerfGE 93, 266), dass bei Anwendung von § 185 StGB bereits bei Auslegung der Meinungsäußerung auf Tatbestandsebene die
Meinungsäußerungsfreiheitberücksichtigt werden muss (vgl. auch BVerfG NJW 2020, 2622; Valerius, in: BeckOK StGB, 51.Ed. 1.11.2021, § 185 RdNr. 31). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ri
23.3.2022, 00:40:24
Merkhilfe: „Gemein“ Ge= Geringschätzung M= Missachtung N= Nichtachtung
Lukas_Mengestu
23.3.2022, 10:54:26
Danke für das Teilen, ri :-)
Blotgrim
10.7.2022, 10:17:44
1. Frage Ist es nicht dem Beweis zugänglich ob ich ein Wegelagerer/ Straßenräuber bin oder nicht oder ist das wieder die selbe Problematik wie bei so Beleidigungen wie Bastard oder hurensohn ? 2. Frage Ließe sich bezüglich des Ergebnisses auch eine andere Meinung vertreten, sprich dass hier eine Beleidigung vorliegt? Finde nämlich dass man trotz berechtigtem Unmut evtl nicht so vorgehen müsste.
Nora Mommsen
23.7.2022, 12:11:40
Hallo Blotgrim, grundsätzlich ist es natürlich dem Beweis zugänglich, ob jemand ein "Straßenräuber" ist, wobei dies in Deutschland keine juristische Kategorie ist. Allerdings wollte T nicht zum Ausdruck bringen P sei ein Räuber oder Dieb, sondern vielmehr ihre Meinung über die Verkehrskontrolle kundtun. Daher handelt es sich vorliegend nicht um eine Tatsachenbehauptung. Zu deiner zweiten Frage: grundsätzlich lässt sich natürlich immer alles vertreten mit entsprechender Argumentation. Allerdings solltest du in deiner Abwägung immer sauber juristisch vorgehen. Das heißt, dass du insbesondere eine saubere Abwägung mit der Meinungsfreiheit vornehmen musst. Allein die Frage, ob man auch ruhiger oder anders hätte reagieren können ist kein Maßstab für eine Beleidigung. Das soll § 185 StGB nicht ahnden. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team