Zivilrechtliche Nebengebiete
Internationales Privatrecht
Internationale Zuständigkeit (EuGVVO)
Vertraglicher Gerichtsstand (Art. 7 EuGVVO)
Vertraglicher Gerichtsstand (Art. 7 EuGVVO)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die deutsche D lebt in Saarbrücken und engagiert die in Frankreich lebende Französin F, ihren teuren Teppich zu säubern. Die Säuberung in Ds Wohnung führt F mangelhaft aus. D möchte F verklagen.
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Einordnung des Falls
Vertraglicher Gerichtsstand (Art. 7 EuGVVO)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist die EuGVVO anwendbar?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. D kann F grundsätzlich beim allgemeinen Gerichtsstand in Frankreich verklagen (Art. 4 Abs. 1 EuGVVO).
Genau, so ist das!
3. Schließt der besondere Gerichtsstand des Vertrags eine Klage am allgemeinen Gerichtsstand aus?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Der Vertragsgerichtsstand stellt auf den Ort des Vertragsschlusses ab (vgl. Art. 7 Nr. 1 EuGVVO).
Nein!
5. D kann F also in Deutschland und in Frankreich verklagen.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Johannes Nebe
15.6.2024, 19:53:56
Es muss leges speciales heißen, da das Adjektiv mitdekliniert wird. -- Ihr schreibt später, dass es sich bei der Teppichreinigung um einen Dienstvertrag handelt. Im Sinne des BGB könnte man das bezweifeln. Hier wird doch ein bestimmtes Ergebnis der Arbeit geschuldet wie bei einem Werkvertrag. Dass Art. 7 Nr. 1 lit. b Alt. 2 EuGVVO von der Erbringung von Dienstleistungen spricht, steht einem Werkvertrag nicht entgegen, denn die Erfüllung eines Werkvertrages kann auch als Dienstleistung bezeichnet werden. Nur weil meine Kfz-Werkstatt eine Dienstleistung erbringt, bei der sie an meinem Wagen neue Bremsklötze montiert, wird daraus kein Dienstvertrag. Oder übersehe ich etwas?
Paulah
19.6.2024, 22:42:08
Die Auslegung des Dienstvertrags erfolgt nicht nach dem BGB, sondern muss europäisch-autonom ausgelegt werden. Nach europäisch-autonomer Auslegung ist ein Dienstvertrag eine bestimmte Tätigkeit gegen Entgelt. Darunter fallen auch Werkverträge.
Johannes Nebe
20.6.2024, 07:21:24
Genau, @[Paulah](135148), daher sollte der Vertrag auch als Werkvertrag bezeichnet werden.
Paulah
20.6.2024, 07:30:25
@Johannes Nebe Ich glaube nicht, weil der Werkvertrag kein Terminus im Europarecht ist, sondern die Verträge, die nach nationalem Recht Werkverträge heißen, fallen im Europarecht unter den Begriff Dienstvertrag.
Johannes Nebe
24.6.2024, 09:42:41
Wir wollen das noch mal sortieren. Ich monierte, dass die Teppichreinigung hier als Dienstvertrag bezeichnet wird. Ich sah darin keinen Dienstvertrag, sondern einen Werkvertrag. Natürlich verwende ich hier diese Begriffe im Sinne des BGB, aber nur, damit wir eine Begriffsdefinition haben, auf deren Grundlage wir diskutieren können. Dass die EuGVVO-Vorschriften verordnungsautonom auszulegen sind, wissen wir. Wenn in Art. 7 Nr. 1 lit. b EuGVVO stünde, dass alle Verträge mit Dienstleistungen als Dienstvertrag bezeichnet werden, würde ich @[Paulah](135148) und den Jurafuchs-Text verstehen. In der Norm kommt der Begriff Dienstvertrag aber nicht vor. Es wird lediglich ausgeführt, dass am
Erfüllungsortverklagt werden kann, wenn die vertragsgemäße Erbringung von Dienstleistungen in einem Mitgliedsstaat erbracht worden ist. Autonom ausgelegt heißt das, dass sowohl Dienstverträge (gem. BGB) als auch Werkverträge (gem. BGB) hierunter fallen können, denn bei beiden Vertragsarten werden Dienstleistungen erbracht. Folglich ist es nicht hilfreich, sondern unnötig, bei der Teppichreinigung von einem Dienstvertrag zu sprechen. Es ist nämlich keiner -- auch nicht nach der EuGVVO.
Foxxy
31.8.2024, 11:58:32
Hallo Johannes Nebe, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team
Johannes Nebe
25.8.2024, 16:38:51
Ich tue mich schwer mit dem Maßstab zu Frage 1, wo der räumlich-persönliche Anwendungsbereich aus Art. 4 bis 6 EuGVVO abgeleitet wird. Das dortige Kap. II regelt die Gerichtszuständigkeit, nicht den Anwendungsbereich, der nämlich unter Kap. I fällt. Soweit ich lese, ist es eine "ungeschriebene Anwendungsvoraussetzung" der EuGVVO, dass das angerufene Gericht in einem Mitgliedstaat der Verordnung liegt (BeckOK ZPO/Antomo, Brüssel-Ia-VO Art. 1, Rn. 11).