Fall: Gefahrenabwehr

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Polizistin P erkennt den stadtbekannten Hooligan H am Spieltag mit einem Schlagstock bewaffnet vor dem Stadion auf rivalisierende Fans "lauern". Sie erteilt H einen Platzverweis.

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Einordnung des Falls

Fall: Gefahrenabwehr

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Rechtmäßigkeit des Platzverweises könnte in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren überprüft werden.

Ja!

Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. Die Rechtmäßigkeit des Platzverweises richtet sich nach § 12a SOG und damit nach einer Norm die ausschließlich einen Hoheitsträger als solchen verpflichtet (modifizierte Subjekttheorie). Mangels doppelter Verfassungsunmittelbarkeit ist sie auch nichtverfassungsrechtlicher Art. Der Platzverweis hat einen rein präventiven Charakter und ist somit nicht der Strafverfolgung zuzuordnen, eine abdrängende Sonderzuweisung gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG scheidet somit aus. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet.
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2. P war für die Erteilung des Platzverweises zuständig.

Genau, so ist das!

Die Zuständigkeit der Vollzugspolizistin P könnte sich aus § 3 Abs. 2 S. 1 lit. a) SOG ergeben. Dann müsste der Platzverweis eine unaufschiebbare Maßnahme im Sinne des § 3 Abs. 2 SOG sein. Eine unaufschiebbare Maßnahme liegt vor, wenn eine zeitliche Verzögerung die Gefährdung des geschützten Rechtsguts intensiviert oder den Eintritt eines Schadens wahrscheinlicher werden lässt.. Würde P nicht sofort handeln, würde die Gefährdung der geschützten Rechtsgüter intensiviert und der Eintritt eines Schadens wahrscheinlicher werden. Der Platzverweis war somit eine unaufschiebbare Maßnahme. Streng genommen müssten an dieser Stelle bereits die konkret gefährdeten Rechtsgüter benannt werden. Folge wäre jedoch eine Inzidentprüfung des Vorliegens einer Gefahr für ein polizeiliches Schutzgut. Dies wird zumeist nicht erwartet und ist zwecks Übersichtlichkeit auch nicht zu empfehlen.

3. Das Gefahrenabwehrrecht fällt in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

Nein, das trifft nicht zu!

Gemäß Art. 70 Abs. 1 GG haben grundsätzlich die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit nicht in den Art. 73, 74 GG die Gesetzgebungskompetenz dem Bund übertragen ist. Die Gesetzgebungskompetenz für das Gefahrenabwehrrecht ist dem Bund weder in Art. 73 GG als Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz noch in Art. 74 GG als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz übertragen. Insbesondere unterfällt das Gefahrenabwehrrecht mit seiner präventiven Zielsetzung nicht dem Strafrecht gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Die Länder haben somit gemäß Art. 70 Abs. 1 GG die Gesetzgebungskompetenz für das Gefahrenabwehrrecht. Einzelne Teilbereiche der Gefahrenabwehr fallen hingegen in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes, so etwa das Luftsicherheitsgesetze (Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG) oder die Gewerbeordnung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG).

4. Die Gefahrenabwehr wird nur durch die Polizei ausgeführt.

Nein!

Das Recht der Gefahrenabwehr wird gemäß § 3 Abs. 1 SOG von den jeweiligen Verwaltungsbehörden im Rahmen ihrer Geschäftsbereiche ausgeführt. Welche Behörde konkret zuständig ist, ergibt sich aus der "Anordnung zur Durchführung des SOG und des PolDVG". Zumeist sind dies die Bezirksämter. Die Vollzugspolizei ist gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 lit. a) SOG nur subsidiär zuständig. Die Vollzugspolizei ist daneben auch für Maßnahmen der Datenerhebung und -verarbeitung gemäß § 1 Abs. 1 PolDVG, sowie für die Vollzugshilfe entsprechend der §§ 4 ff. VwVfG zuständig. Wissen zu den verschiedenen Zuständigkeiten der jeweiligen Verwaltungsbehörden wird in Klausuren nicht verlangt. Handeln jedoch Polizisten, so wird regelmäßig erwartet die Subsidiaritätsklausel des § 3 Abs. 2 S. 1 lit. a) SOG zu prüfen.
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