Öffentliches Recht
VwGO
Normenkontrollverfahren
Standardfall: Überprüfung von Bebauungsplan gemäß § 10 BauGB (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 VwGO)
Standardfall: Überprüfung von Bebauungsplan gemäß § 10 BauGB (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 VwGO)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Karl-Heinz Knülle (K) wohnt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der das Gebiet als reines Wohngebiet ausweist. Die Gemeinde G beschließt eine Änderung des Bebauungsplans. Da das Gebiet nun als Gewerbegebiet ausgewiesen ist, will K gerichtlich gegen den Bebauungsplan vorgehen.
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Einordnung des Falls
Standardfall: Überprüfung von Bebauungsplan gemäß § 10 BauGB (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 VwGO)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. In Betracht kommt ein Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO. Dafür müsste zunächst der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. § 47 Abs. 1 VwGO regelt zwei Fälle, in denen die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle statthaft ist.
Ja, in der Tat!
3. G hat den Bebauungsplan durch Erlass einer Rechtsverordnung geändert.
Nein!
4. G hat die Satzung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen. Ist Ks Normenkontrollantrag gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft?
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Isabell
6.2.2022, 13:08:39
Je nach Bundesland läuft die Kontrolle der CovidSchutzVO auch über diesen Paragraphen.
Steinfan
23.7.2024, 15:18:35
Die Prüfung des Verwaltungsrechtswegs ergibt sich aus dem Wortlaut „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“, vgl. § 47 I VwGO. Macht sich immer ganz gut die Formulierung im Gutachten zu übernehmen.
Wendelin Neubert
23.7.2024, 16:51:21
Hallo @[Steinfan](235363), danke für Deinen ergänzenden Hinweis, aber der ist in dieser Form jedenfalls missverständlich: Die notwendige Prüfung der
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegsergibt sich für Verfahren nach § 47 Abs. 1 VwGO – wie für alle anderen verwaltungsprozessrechtlichen Verfahren auch – direkt aus § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Die Formulierung „Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit...“ in § 47 Abs. 1 VwGO greift die Rechtswegzuständigkeit auf, zielt aber auf etwas anderes ab: Die Vorschrift soll vermeiden, dass es verwaltungsgerichtliche Präjudizien für Streitigkeiten gibt, für die ausschließlich Gerichte anderer Gerichtszweige zuständig sind (Panzer/Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, 45.EL. 2024, § 47 RdNr. 32). Praktisch relevant wird das dort, wo mithilfe der Normenkontrolle eine untergesetzliche Rechtsnorm angegriffen wird, die zwar überwiegend dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO), die aber auch Vorschriften enthält, für die andere Gerichte zuständig sind (z.B. eine Abfallwirtschaftssatzung, die neben Bestimmungen, für die der
Verwaltungsrechtsweg eröffnetist, auch Bestimmungen enthält, die dem Ordnungswidrigkeitenrecht zuzuordnen sind, vgl. BVerwG, NVwZ 2024, 614, 616; BVerwG, NVwZ 2005, 695f.). In solchen Fällen beschränkt sich die Entscheidungsbefugnis des OVG/VGH „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“ auf die Überprüfung der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen; die Bestimmungen rein ordnungswidrigkeitsrechtlichen Inhalts unterliegen nicht der Prüfung nach
§ 47 VwGO, weil gegen die auf solche Normen gestützten Bußgeldbescheide nach § 68 OWiG allein die ordentlichen Gerichte angerufen werden können. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
Steinfan
23.7.2024, 21:06:44
Danke für die schnelle Antwort, die einleuchtet. Leider steht es im Unirep-Münster Skript von Wittreck anders, nämlich „Verwaltungsrechtsweg: Gem. § 47 I VwGO entscheidet das OVG im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit. Diese ist eröffnet, wenn der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 I 1 VwGO eröffnet ist.“ Bei Juracademy steht es leider auch anders: „Auch wenn in der Sache kein Unterschied besteht, sollten Sie sich in der Fallbearbeitung am Wortlaut des § 47 I VwGO orientieren, der „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“ lautet. Dadurch zeigen Sie, dass Sie den kleinen Unterschied zur üblichen Vorgehensweise über § 40 I VwGO erkannt haben. LG
L.Goldstyn
25.8.2024, 13:24:07
Ich habe im Repertorium gelernt, dass die von Euch diskutierte Frage sowohl in der Kommentar- als auch in der klassischen Ausbildungsliteratur sehr umstritten ist. Allerdings wird dies – soweit ich sehen kann – kaum irgendwo ausdrücklich diskutiert, sondern jeweils nur der eine oder der andere Ansatz mit oder ohne Begründung vertreten. Der von @[Steinfan](235363) zitierte Satz aus dem Unirep-Skript wurde mir als „Kompromisslösung“ für die Klausur vorgeschlagen, allerdings mit dem Hinweis, dass es hier leider keinen „sicheren“ Weg gibt.