Durchsuchung von Sachen

16. Januar 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Entführer E entführt Kind K eines Millionärs auf offener Straße. Die Polizei verfolgt E und kann ihn auf einer Landstraße stellen. Polizistin P öffnet die Seitentüren und den Kofferraum des Fluchtwagens, um K zu befreien.

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Einordnung des Falls

Durchsuchung von Sachen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Polizei ist ermächtigt, das Auto zu durchsuchen.

Ja, in der Tat!

Die Polizei ist dazu befugt, Sachen in unter bestimmten Eingriffsvoraussetzungen zu durchsuchen (§ 40 PolG NRW). Eine Sache ist ein körperlicher Gegenstand. Eine Durchsuchung von Sachen ist das gezielte Suchen von Sachen oder Personen in Sachen. Wird die Kleidung einer Person oder unmittelbar am Körper getragene Gegenstände durchsucht, ist dies als Durchsuchung von Personen (§ 39 PolG NRW) zu qualifizieren.
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2. Es liegt eine Durchsuchung i.S.d. § 40 PolG NRW, da das Auto eine bewegliche Sache ist. Fällt auch die Durchsuchung von unbewegliche Sachen fällt in den Anwendungsbereich von § 40 PolG NRW?

Ja!

Die durchsuchte Sache kann grundsätzlich auch eine unbewegliche Sache sein. Sobald die unbewegliche Sache aber unter den Wohnungsbegriff fällt, stellt die Standardermächtigung zum Betreten und Durchsuchen von Wohnungen (§ 41 PolG NRW) die speziellere Standardmaßnahme dar. Die Anwendung von § 40 PolG NRW ist dann ausgeschlossen. Wird ein vermisstes Kleinkind in einem nicht befriedeten Waldgrundstück vermutet, so liegt eine Durchsuchung einer unbeweglichen Sache (§ 40 PolG NRW) vor. Sobald das im Wald gelegene Haus durchsucht wird, liegt eine Wohnungsdurchsuchung (§ 41 PolG NRW) vor.

3. Würde E kein Auto fahren, sondern mit einem LKW fliehen, wäre die Polizei nach § 40 PolG NRW auch dazu ermächtigt, den Laderaum des LKWs zu betreten.

Nein, das ist nicht der Fall!

Anders als bei der Wohnungsdurchsuchung (§ 41 PolG NRW) ist das Betreten der durchsuchten Sache nicht von der Standardermächtigung umfasst. Die Polizei muss das Betreten der durchsuchten Sache auf die polizeiliche Generalklausel (§ 8 Abs. 1 PolG NRW) stützen. Betritt die Polizei die geschlossene Ladefläche eines LWK durchsucht, dient für das Betreten die polizeiliche Generalklausel (§ 8 Abs. 1 PolG NRW) als Ermächtigungsgrundlage nicht § 40 PolG NRW. Die Ermächtigungsgrundlage für den anschließenden Durchsuchungsvorgang ist hingegen § 40 PolG NRW.

4. Die Durchsuchung ist formell rechtmäßig, da E, Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Auto, zugegen ist.

Ja, in der Tat!

Die Person, welche die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, hat ein Anwesenheitsrecht während der Durchsuchung. Dies stellt eine besondere Verfahrensvorschrift dar, welche auf Ebene der formellen Rechtmäßigkeit der Maßnahme beachtet werden muss. Im Falle einer Abwesenheit soll die Polizei einen Vertreter oder einen Zeugen hinzuziehen. E als Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Auto ist bei der Durchsuchung zugegen. Die Maßnahme ist formell rechtmäßig.

5. Die Durchsuchung des Autos ist materiell rechtmäßig, weil sie zur Befreiung von K erfolgt.

Ja!

Für die Durchsuchung von Sachen definiert das PolG NRW klare Eingriffsvoraussetzungen. Zunächst kann die Polizei von Personen mitgeführte Sachen durchsuchen, wenn die Person ihrerseits nach § 39 PolG NRW durchsucht werden kann (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 PolG NRW). Außerdem kann die Polizei Sachen durchsuchen, in denen sich Personen befinden, die in Gewahrsam genommen werden können, widerrechtlich festgehalten werden, oder hilfslos sind (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW). Als dritte Tatbestandsvariante darf die Polizei Sachen durchsuchen, in denen sich Sachen befinden, die sichergestellt werden können (§ 40 Abs. 1 Nr. 3 PolG NRW). Zudem erlaubt das Polizeigesetz das Durchsuchen von Sachen, die sich an gefährlichen bzw. gefährdeten Orten i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 PolG NRW befinden. Zuletzt ist der Polizei erlaubt, Land-, Wasser- oder Luftfahrzeuge zu durchsuchen, wenn sich daran eine Person befindet, deren Identität nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 PolG NRW festgestellt werden darf. Die Durchsuchung des Autos erfolgt, um K zu befreien. K ist von E gegen seinen Willen festgehalten. Es liegt die Tatbestandsvariante von § 40 Abs. 1 Nr. 2a PolG NRW vor. Zudem musst Du auf Ebene der materiellen Rechtmäßigkeit prüfen, ob die Maßnahme an den richtigen Adressaten gerichtet ist und ob Ermessensfehler vorliegen.
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