+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Jurastudentin Svenja kommt nach einer Partynacht eine halbe Stunde zu spät in die Grundrechtevorlesung von Professorin P. P spricht über Unionsgrundrechte - und Svenja versteht nur Bahnhof. Nach der Vorlesung fragt sie Kommilitonin Katja zum Thema aus.

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Einordnung des Falls

Grundlagen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sind Unionsgrundrechte - also Grundrechte auf Ebene der Europäischen Union - nur in ungeschriebener Form vorhanden?

Nein, das trifft nicht zu!

Ursprünglich hat der EuGH europäische Grundrechte als ungeschriebene allgemeine Rechtsgrundsätze des Europarechts entwickelt. Mittlerweile sind die Unionsgrundrechte auch ausdrücklich normiert in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh). Die EU-Grundrechte-Charta wurde 2000 auf dem EU-Gipfel von Nizza feierlich proklamiert, ist aber erst mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 01.12.2009 rechtsverbindlich. Sie ist Bestandteil des EU-Primärrechts.
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2. Besteht überhaupt ein Bedarf nach eigenständigem Grundrechtsschutz auf Ebene der Europäischen Union?

Ja!

Die Europäische Union übt durch ihre Organe eigenständig Hoheitsgewalt aus, die die Mitgliedstaaten ihr - beschränkt - übertragen haben. Deshalb besteht ein Bedürfnis, diese Ausübung von Hoheitsgewalt auch eigenständigen grundrechtlichen Bindungen des europäischen Rechts zu unterwerfen. Nach den „Solange“-Entscheidungen des BVerfG unterliegt die Hoheitsgewalt der EU grundsätzlich auch weiterhin den Bindungen der Grundrechte des GG, weil es sich dabei um Hoheitsgewalt handelt, die - u.a. - von Deutschland auf die EU übertragen wurde und die Hoheitsübertragung die Grundrechtsbindung (Art. 1 Abs. 3 GG) nicht beseitigen kann. Angesichts des umfassenden europäischen Grundrechtsschutzes übt das BVerfG seine Kontrolle des EU-Rechts am Maßstab der Grundrechte des GG aber nicht mehr aus.

3. Den Inhalt der europäischen Grundrechte hat der EuGH aus den Grundrechten des GG abgeleitet.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der EuGH hat die europäischen Grundrechte aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten hergeleitet. Bei der Entwicklung der europäischen Grundrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze des Europarechts durch den EuGH spielten auch die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) eine wichtige Rolle. Eine einseitige Herleitung von europäischen Grundrechten aus der Verfassungsüberlieferung nur eines Mitgliedstaats - wie etwa Deutschland - wäre mit der Hoheitsübertragung durch alle Mitgliedstaaten und der autonomen Auslegung des Europarechts kaum vereinbar.
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