Religiöse Verpflichtung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Muslimin M feiert das islamische Opferfest. Da es unter der Woche stattfindet, erscheint sie an zwei Tagen nicht zur Arbeit. Arbeitgeber A will M für diese Fehlzeit keinen Lohn zahlen.
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Einordnung des Falls
Religiöse Verpflichtung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein persönlicher Grund liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich und rechtlich nicht in der Lage ist, die Arbeitsleistung zu erbringen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Aufgrund der religiösen Verpflichtung zur Teilnahme am islamischen Opferfest kann M eine Freistellung unter Fortzahlung des Lohns verlangen (§ 616 Abs.1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Denislav Tersiski
11.9.2023, 16:05:00
Wieso steht im Grüneberg § 616, RN. 7, dass die Erfüllung religiöser Pflichten ein Verhinderungsgrund sei?
Lukas_Mengestu
12.10.2023, 09:32:28
Hallo Denislav, in dieser Absolutheit ist dies in der Tat missverständlich. Das BAG-Urteil, auf das in der von Dir zitierten Randnummer verwiesen wird (BAG NJW 1983, 2600), beschäftigt sich in erster Linie mit der kirchlichen Eheschließung. Daneben sind vom BAG zB auch die Erstkommunion oder Konfirmation der Kinder anerkannt. In allen drei Fällen handelt es sich allerdings zugleich auch um „besondere Familienereignisse“. Sonstige religiöse Feste, die - je nach Bundesland - nicht auf einen Feiertag fallen (zB im Christentum: Buß- und Bettag, Mariä Himmelfahrt, Fronleichnam) sollen dagegen keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung begründen. Allerdings soll in diesen Fällen einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung oder zumindest auf Gewährung von Urlaub bestehen (vgl. MüKoBGB/Henssler, 9. Aufl. 2023, BGB § 616 Rn. 53). Dies betrifft natürlich insbesondere Angehörige von nicht-christlichen Religionen, deren Feste nie auf einen Feiertag fallen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Matschegenga
12.3.2024, 17:33:41
Ich verstehe nicht, warum man das Merkmal „in seiner Person liegenden Grund“ hier normativ auslegt und darüber nach Interessenabwägung den Anspruch scheitern lässt. In den vorangehenden Fällen hat nichts auf eine solche normative Auslegung hingedeutet. Würde der Anspruch nicht ohnehin am Merkmal „ohne Verschulden“ scheitern?