Nutzungen (-)

26. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Studentin S benötigt dringend ein Auto und ersteigert über eBay einen VW Polo von Autohändler V. Nach einer 3-Kilometer langen Testfahrt stellt sie fest, dass ihr das Design des Wagens und das Fahrgefühl nicht gefallen. Sie widerruft den Vertrag. V verlangt nun Nutzungsentschädigung.

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Einordnung des Falls

Nutzungen (-)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S steht ein Widerrufsrecht nach §§ 312g Abs.1, 312c BGB zu.

Ja, in der Tat!

Dem Verbraucher steht ein Widerrufsrecht nach §§ 312g Abs.1, 312c BGB zu, wenn (1) der Anwendungsbereich der Normen eröffnet ist (§ 312 Abs.1 BGB), (2) ein Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB) vorliegt und (3) keine Ausschlussgründe greifen. Verbraucherin S (§ 13 BGB) hat mit Unternehmer V (§ 14 BGB) einen Kaufvertrag geschlossen, sodass sie zur Kaufpreiszahlung verpflichtet ist (§ 433 Abs.2 BGB). Somit sind §§ 312 ff. BGB anwendbar. Überdies erfolgte der Vertragsschluss unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln über die eBay Plattform als Fernabsatzsystem. Auch ist das Widerrufsrecht nicht nach § 312g Abs.2 Nr.10 BGB ausgeschlossen, da eBay-Versteigerungen nicht darunterfallen.
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2. Infolge des Widerrufs ist S verpflichtet, dem V das Auto zurückzugewähren und ihm Wertersatz nach § 357a Abs.1 BGB zu leisten.

Nein!

Nach wirksamem Widerruf muss der Verbraucher dem Unternehmer die empfangene Leistung zurückgewähren (§ 355 Abs.3 BGB). Zur Leistung einer Nutzungsentschädigung ist der Verbraucher nur verpflichtet, sofern die Sache einen Wertverlust erlitten hat und (1) der Wertverlust auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Ware nicht notwendig war und (2) der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat (§ 357a Abs.1 BGB). Die Notwendigkeit des Prüfungsumfangs ist eine Frage des Einzelfalls. Hier ist durch die einmalige Probefahrt zum einen kein Wertverlust des Autos eingetreten. Zum anderen überschreitet eine einmalige Fahrt nicht die Grenzen des zur Prüfung der Beschaffenheit und Funktionsweise Notwendigen.

3. V kann von S allerdings Ersatz des Wertes der durch den Gebrauch gezogenen Nutzungen (Wertersatz für die gefahrenen Kilometer) verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Durch die Formulierung in § 357a Abs.1 BGB ist die Ersatzpflicht ausdrücklich an einen Wertverlust geknüpft. Es soll nur der Nachteil ausgeglichen werden, den der Unternehmer durch die Entwertung der gelieferten Ware erlitten hat. Jedoch besteht keine Pflicht des Verbrauchers zum Ersatz der durch den Gebrauch der Ware gezogenen Nutzungen (§ 100 BGB).Eine solche Nutzungsentschädigung folgt auch nicht aus §§ 812, 818 Abs.2 BGB, da § 357a Abs.1 BGB hinsichtlich der widerrufsbedingten Verpflichtungen des Verbrauchers abschließenden Charakter hat (§ 361 Abs.1 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

12.3.2024, 06:44:02

§ 357a BGB statuiert in der (amtlichen ?) Überschrift, die Anwendbarkeit der Norm auf Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge ohne Finanzdienstleistungen. Eine derartige Einschränkung findet sich nicht im eigentlichen Normtext (ebenso in § 357b BGB: Verträge über Finanzdienstleistungen). Sind die Überschriften in diesen Fällen als Tatbestandsmerkmale zu sehen?


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