Sittenwidrigkeit der Bürgschaft durch nahe Angehörige des Hauptschuldners
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Ehefrau F möchte sich mit einer Gärtnerei selbstständig machen. Hierzu möchte sie bei der D-Bank ein Darlehen in Höhe von €100.000 zu einem jährlichen Zins von 3% aufnehmen. D verlangt jedoch eine Sicherheit in Form einer Bürgschaft. Ehemann M verbürgt sich für F. M ist Hausmann und verfügt über eigenes Vermögen in Höhe von €2000.
Einordnung des Falls
Sittenwidrigkeit der Bürgschaft durch nahe Angehörige des Hauptschuldners
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Dem Bürgschaftsvertrag kann die Nichtigkeit aufgrund von Wucher entgegenstehen (§ 138 Abs. 2 BGB).
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Nein!
2. Dem Bürgschaftsvertrag kann die Sittenwidrigkeit entgegenstehen (§ 138 Abs. 1 BGB).
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Genau, so ist das!
3. M ist krass finanziell überfordert.
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Ja, in der Tat!
4. M übernahm die Bürgschaft aus emotionaler Abhängigkeit.
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Ja!
5. Die D-Bank verfügt über ein Ausnutzungsbewusstsein.
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Genau, so ist das!
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Isabell
7.4.2021, 13:34:16
Das finde ich wenig überzeugend, dass alleine die Ehe emotionale "Abhängigkeit" begründen können soll. Zumal in der Definition dann auch auf die Abhängigkeit nicht mehr eingegangen wird.

Lukas_Mengestu
7.4.2021, 17:34:03
Hallo Isabell, die Zweifel kann ich gut nachvollziehen. Allerdings streitet bei der ruinösen Ehegattenbürgschaft die wiederlegliche Vermutung dafür, dass die Bürgschaft allein aufgrund der emotionalen Abhängigkeit eingegangen wurde. Nur bei entgegenstehenden Anhaltspunkten (zB starkes Eigeninteresse), wäre diese zu verneinen. Mangels entsprechender Hinweise im Sachverhalt ist hier insofern von einer entsprechenden Abhängigkeit auszugehen. Beste Grüße, Lukas

Isabell
27.5.2021, 16:17:08
Als wiederlegliche Vermutung kann ich dem Gedanken sehr viel besser Folgen. Kommt wahrscheinlich noch aus vergangenen Zeiten, in denen Ehen noch etwas anders aussahen als heutzutage.
jomolino
7.6.2021, 14:40:45
Unter Maßstab bei der vorletzten Frage ist ein sprachlicher Fehler. Es müsste wohl „anzunehmen“ heißen.
HaRe
1.4.2023, 11:44:29
Ich würde die Intervalle für Zins und Einkommen noch ergänzen. Beim Zinssatz erfolgt die Angabe i.d.R. für ein Jahr, beim Einkommen hingegen für einen Monat. Die Fallangabe lösst sich auch so verstehen, dass M Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 2000 Euro erhält, das wird dann mit monatlichen Einnahmen verstanden. So unüblich ist das nicht. In diesem Fall wäre eine Sittenwidrigkeit fernliegend. Daher rege ich an, den Zinssatz mit 3 % p.a. und das Einkommen mit 2000 Euro jährlich anzugeben.

Lukas_Mengestu
4.4.2023, 13:56:58
Hallo HaRe, lieben Dank für Deinen Hinweis. Wir haben hier ergänzt, dass es um den Jahreszins geht (sonst wäre allein schon der Zinssatz wegen Wuchers nichtig). Im Hinblick auf M gibt der Sachverhalt an, dass er Vermögen (=Erspartes) iHv €2000 besitzt. Es geht also nicht um regelmäßig wiederkehrende Einnahmen. Diese belaufen sich vielmehr auf 0€. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team