Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Die Leistungskondiktion

Leistung: endgültige Vermögensübertragung

Leistung: endgültige Vermögensübertragung

22. November 2024

4,8(21.541 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S schließt bei der B-Bank einen Kreditvertrag ab. Im Anschluss zahlt ihm die B-Bank den Kredit in Höhe von 100.000 € in bar aus.

Diesen Fall lösen 66,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Leistung: endgültige Vermögensübertragung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S hat Eigentum an den €100.000 und damit "etwas" erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

"Etwas" im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist jede vorteilhafte Rechtsposition, wie etwa Eigentum, Besitz, beschränkt dingliche Rechte, immaterielle Rechte, Forderungen, Gebrauchs- oder Nutzungsmöglichkeiten an Sachen oder Rechten oder die Tätigkeit für einen anderen. Eigentum ist nach § 903 BGB die Herrschaft einer Person über eine Sache.Bei den Geldscheinen handelt es sich um körperliche Gegenstände und damit Sachen (§ 90 BGB). Durch die Übereignung der Geldscheine hat B dem S das Eigentum an diesen übertragen (§ 929 S. 1 BGB). B hat somit Eigentum erlangt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. S hat das Eigentum an dem Bargeld "durch Leistung" der B erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Die Zweckbestimmung der Leistung ist eine geschäftsähnliche Handlung. Das Vorliegen einer Leistung ist aus der objektiven Empfängersicht (§§ 133, 157 BGB) zu beurteilen.B wollte ihre Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag (§ 488 BGB) erfüllen. Sie hat dazu zweck- und zielgerichtet das Vermögen des S gemehrt.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Paulah

Paulah

16.6.2024, 08:41:53

Die Aussage "S hat Eigentum an den €100.000 und damit "etwas" erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB)." Soll nach dem Ergebnis stimmen. In einem anderen Thread erklärt Lukas meiner Meinung nach aber lang und breit, dass nicht das Eigentum, sondern nur die Nutzungsmöglichkeit erlangt wurde - das hatte ich aus anderen Aufgaben auch so verstanden. Dann wäre die Antwort "Die Aussage stimmt" aber falsch.

TI

Timurso

17.6.2024, 08:51:12

Das hast du glaube ich etwas missverstanden. S hat sowohl das Eigentum als auch die Nutzungsmöglichkeit erlangt. Der Knackpunkt ist nur, dass sich die Leistung der Bank nur auf die Nutzungsmöglichkeit bezieht. Somit ist eine Leistungskondiktion nur für die Nutzungsmöglichkeit anwendbar, für das Eigentum dagegen nur die

Nichtleistungskondiktion

. Damit ist auf das erlangte Eigentum

§ 817 BGB

nicht anwendbar, da dieser nur für die Leistungskondiktion gilt. Also laut dem BGH. Ich weiß jetzt nicht, ob diese Konstruktion mich persönlich überzeugt.

Paulah

Paulah

17.6.2024, 13:08:18

Das verstehe ich in Lukas Ausführungen anders: Auf den ersten Blick liegt es hier in der Tat nahe, anzunehmen, dass ein Darlehensnehmer dem Geld ausgezahlt wird, Eigentum an Besitz an dem Geld erlangt (bzw. sofern dies nur auf sein Konto eingezahlt wird, er die entsprechende Forderung als „etwas“ erlangt hat). Diese „natürliche Betrachtungsweise wird auch so in der Literatur vertreten. Der BGH und mit ihm die herrschende Meinung hat sich in dieser Frage jedoch auf den Standpunkt einer wirtschaftlichen Betrachtung gestellt. Denn anders als zum Beispiel im Fall eines Kaufvertrags soll der Darlehensnehmer wirtschaftlich gesehen nicht endgültig die Darlehenssumme erlangen vielmehr soll er das Kapital lediglich auf Zeit nutzen und dann zurückgeben. @[Lukas_Mengestu](136780)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.6.2024, 14:48:39

@[Paulah](135148) Hi Paulah, vielen Dank für den Hinweis und entschuldige bitte die Verwirrung. In der Tat war die Aufteilung dieser Aufgabe und auch der parallele Thread etwas missverständlich, weswegen wir dies hier nun noch einmal überarbeitet haben. Grundsätzlich prüfst Du auch bei Darlehen ganz normal die Leistungskondiktion: - das erlangte etwas ist das ausgezahlte Bargeld bzw. die Gutschrift auf dem Konto - sofern dies in Erfüllung des Darlehensvertrages erfolgt, so ist dies ziel - und zweckgerichtet, somit liegt eine Leistung vor. Für die Grundvoraussetzungen der Leistungskondiktion ist es also unerheblich, ob der Vermögensvorteil endgültig oder lediglich vorübergehend erfolgen soll. Dies ist erst für die Frage entscheidend, ob bei nichtigem Vertrag die Rückforderung nach

§ 817 S. 2 BGB

ausgeschlossen ist. Eine Leistung iSd

§ 817 S. 2 BGB

liegt aber nach der Rechtsprechung des BGH nur vor, wenn der Vermögensvorteil endgültig in das Vermögen des Leistungsempfängers übergegangen ist und dort auch verbleiben soll. An dieser Endgültigkeit fehlt es beim Darlehen, weshalb selbst bei einem nichtigen Vertrag (z.B. wegen Wucherzinsen) das Darlehen zurückgefordert werden kann. Die Leistungsbegriffe in § 812 BGB und

§ 817 BGB

sind insofern nicht deckungsgleich. Schau Dir hierzu gerne auch folgende Aufgabe an: https://applink.jurafuchs.de/MfVY0PJcvKb Ich hoffe, jetzt ist es etwas klarer geworden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Paulah

Paulah

17.6.2024, 19:28:53

Ja, jetzt habe ich's! Danke!

LI

Lilyphant

21.6.2024, 12:26:29

Es tut mir leid, für mich ist es leider trotz der ausführlichen Antwort nicht klar: Die Leistung wird definiert als bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens, in der Subsumtion steht auch, dass die Bank bewusst und zweckgerichtet m

ehre

n wollte, aber trotzdem ist es keine Leistung. Mir fällt noch etwas für den erhellenden Aha-Moment...

Paulah

Paulah

21.6.2024, 18:59:53

Hallo Lilyphant, doch, es ist eine Leistung i. S. v. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Eine Leistung nach

§ 817 S. 2 BGB

liegt aber nur vor, wenn der Vermögensvorteil e n d g ü l t i g in das Vermögen des Leistungsempfängers übergegangen ist und dort auch verbleiben soll - das ergibt sich aus der Aufgabe, die Lukas oben verlinkt hat. Viele Grüße von Paula

STE

Stella2244

18.6.2024, 18:58:18

Warum hat er das Bargeld nicht durch Leistung erhalten? verstehe die Welt nicht mehr… Die Bank hat doch gerade bewusst und zweckgerichtet das Vermögen der Person gemehrt? :/

JUDI

judith

19.6.2024, 14:59:33

schau dir dazu mal den älteren Thread an. Timurso hat in seiner Antwort ziemlich gut erklärt, warum er die Nutzungsmöglichkeit des Geldes durch Leistung der Bank und das Eigentum an dem Bargeld nicht durch Leistung erlangt hat ;)

STE

Stella2244

26.6.2024, 14:50:58

Wurde die Aufgabe geändert? Jetzt ist es doch durch Leistung ???

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

19.9.2024, 12:07:48

Hey in die Runde, meines Erachtens wurde die Aufgabe nicht geändert – die Frage, ob eine Leistung der Bank i.S.v. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB vorliegt, war schon immer mit „Ja“ zu beantworten (siehe die entsprechende Erklärung in der Aufgabe): Die Bank will das Vermögen des Darlehensnehmer zur Erfüllung des Darlehensvertrag m

ehre

n. Vielleicht gab es hier eine Verwechslung bzw. Verwirrung, weil es in einem anderen Thread darum geht, dass der Leistungsbegriff i.S.v.

§ 817 S. 2 BGB

andere Voraussetzungen hat. Schaut euch dazu gerne den älteren Thread bzw. diese Aufgabe hier an: https://applink.jurafuchs.de/XlvlDzN20Mb Viele Grüße – Linne, für das Jurfafuchs-Team

Christian Quaritsch

Christian Quaritsch

4.9.2024, 14:21:09

In der Aufgabe muss es "Darlehensvertrag" und nicht "Kreditvertrag" heißen. Der Darlehensvertrag ist nur ein besonderer Vertragstyp der Überlassung von Kaufkraft an einen Dritten.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen