Grundfall: Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Polizeibehörde P erlässt einen Durchsuchungsbescheid gegenüber Hackerin H. Bei der Durchsuchung wird Hs Haus komplett auf den Kopf gestellt und die Eingangstür beschädigt. Später stellt sich heraus, dass die Durchsuchung rechtswidrig war. H will, dass die Eingangstür repariert wird.

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Einordnung des Falls

Grundfall: Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist Hs Anspruch gerichtet auf Schadensersatz für die kaputte Tür?

Nein, das ist nicht der Fall!

Entscheidend für die einschlägige öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage ist das Anspruchsbegehren des Anspruchsstellers. H möchte, dass die bei der Durchsuchung beschädigte Tür repariert wird. Sie möchte gerade nicht „nur“ Schadensersatz für den Schaden, sondern begehrt die tatsächliche Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, in dem sie eine unbeschädigte Eingangstür hatte.
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2. In Betracht kommt der Folgenbeseitigungsanspruch.

Ja, in der Tat!

Der Folgenbeseitigungsanspruch ist auf die Beseitigung der unmittelbaren rechtswidrigen Folgen öffentlich-rechtlichen Handelns gerichtet und damit auf die Wiederherstellung des ursprünglichen oder eines vergleichbaren Zustands. H möchte, dass die tatsächlichen unmittelbaren Folgen der rechtswidrigen Durchsuchung ihres Hauses durch P beseitigt werden.

3. Hier kommt ein Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch als Ausprägung des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs in Betracht.

Ja!

Der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch als „Spezialfall“ des Folgenbeseitigungsanspruchs ist einschlägig, wenn es um die Beseitigung der Folgen des Vollzugs eines Verwaltungsakts geht. Durch die Durchsuchung hat P den rechtswidrigen Durchsuchungsbescheid vollzogen. Einschlägig ist der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch. Prozessual kann dieser nach § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO als Annexantrag einer Anfechtungsklage geltend gemacht werden. § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO enthält aber nicht die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage des Folgenbeseitigungsanspruchs.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MLENA

MLena

16.11.2023, 12:10:08

Ich verstehe nicht, weshalb der Vollzugs

folgenbeseitigungsanspruch

hier nicht in Betracht kommt? Es handelt sich zwar bei dem VA um einen rechtswidrigen VA, aber er wird ja dadurch nicht unwirksam oder nichtig.

LELEE

Leo Lee

19.11.2023, 09:39:18

Hallo MLena, magst du uns kurz mitteilen, was du genau meinst mit dass der Vollzugs-FBA hier nicht in Betracht kommt? In der letzten Frage wird nämlich die Anwendung des Vollzugs-FBAs gerade aufgrund der RWK des VAs bejaht :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

WAY

WayneEnterprise

7.8.2024, 15:35:08

Liebes Team, sollte man nicht lieber bei der ersten Frage davon sprechen, dass die begehrte Reparatur der Tür kein Schadensersatz im umgangssprachlichen Sinn ist? Denn Folgenbeseitigung kann mE durchaus Schadensersatz sein (so jdf. im ZivilR, wo die Naturalrestitution die Grundform des Schadensersatzes ist). Vielleicht könnte man in der Frage sonst nur auf „Geldersatz“ abstellen. LG

AS

as.mzkw

26.8.2024, 12:20:33

Dem schließe ich mich an, jedenfalls denn wenn man - zumindest gedanklich - den zivilrechtlichen Grundsatz heranzieht, wonach Schadensersatz gem. § 249 I BGB grundsätzlich in Gestalt der Naturalrestition zu erfolgen hat. In meinen Lernunterlagen wird dahingehend wie ich finde sehr treffend zwischen sog. Restitutionsansprüchen einerseits (wozu auch der FBA zählt) und zwischen sog. Kompensationsansprüchen (worunter Ansprüche auf Schadensersatz „im engeren Sinne“ fallen, zB der

Amtshaftungsanspruch

) andererseits differenziert.


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