Strafrecht

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Das Beweisrecht

Unmittelbarkeitsgrundsatz / Zeuge vom Hörensagen

Unmittelbarkeitsgrundsatz / Zeuge vom Hörensagen

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Omi O wird von Räuber R am Sparkassen-Geldautomat ausgeraubt. Sie wird von Polizist P als Zeugin vernommen; die Aussage wird protokolliert. O sagt bei der späteren Vernehmung in der Hauptverhandlung teilweise etwas anderes, als bei der Vernehmung vor P.

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Einordnung des Falls

Unmittelbarkeitsgrundsatz / Zeuge vom Hörensagen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zeugenaussage und Verlesung des Vernehmungsprotokolls sind in der Hauptverhandlung gleichwertig.

Nein!

Der Unmittelbarkeitsgrundsatz gebietet grundsätzlich die persönliche Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung. Die Vernehmung darf nicht durch die Verlesung eines Vernehmungsprotokolls ersetzt, sondern nur ergänzt werden (§ 250 S. 2 StPO, Vorrang des Personalbeweises vor dem Urkundenbeweis).
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2. Das Gericht dürfte O das Protokoll vorlesen, um ihre Aussage zu präzisieren.

Genau, so ist das!

Zulässig ist die Verlesung zum Zwecke des Vorhalts. Der Vorhalt ist ein Vernehmungsbehelf beim Personalbeweis mit dem Ziel, dass der Zeuge eine Aussage macht oder präzisiert. Dabei wird, etwa weil sich der Beschuldigte oder Zeuge nun anders äußert als in einer früheren Vernehmung oder sich nicht erinnert, aus einem Schriftstück zitiert oder dieses komplett vorgelesen. Es handelt sich dabei nicht um die Verlesung einer Urkunde (vgl. § 249 Abs. 1 StPO). Vielmehr darf beim Vorhalt nur die Reaktion der Person, der etwas vorgehalten wird, auf das Vorgelesene verwertet werden.

3. P darf wegen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nicht vernommen werden.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Unmittelbarkeitsgrundsatz verbietet nicht die Vernehmung von Zeugen vom Hörensagen, dh von Zeugen über fremde Äußerungen. Der Zeuge vom Hörensagen weiß von dem Tatgeschehen nur „vom Hörensagen“ zu berichten, also aus den Erzählungen anderer. Er berichtet dann nicht über eine fremde, sondern über seine eigene Wahrnehmung, nämlich darüber, was die dritte Person ihm gegenüber geäußert hat. Bei der Vernehmung solcher Verhörspersonen ist die von § 250 S. 1 StPO vorausgesetzte „Tatsache“ die Angabe der anderen Person. Die Aussage eines mittelbaren Zeugen hat allerdings prinzipiell geringeren Beweiswert. Hier könnte also P als Zeuge vom Hörensagen darüber Aussagen, was O ihm bei der Vernehmung berichtet hat.

4. Das Gericht kann der Einfachheit halber immer nur zum Zeugen vom Hörensagen greifen.

Nein!

Der Unmittelbarkeitsgrundsatz verlangt nicht zwingend, bei zwei möglichen Zeugen stets nur den Tatnächsten zu vernehmen. Allerdings kann das Gericht gegen seine Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) verstoßen, wenn es nicht den Zeugen selbst hört, sondern sogleich auf einen Zeugen vom Hörensagen zurückgreift. Es muss sich also bemühen, auch an das sachnähere Beweismittel, also den unmittelbaren Zeugen, heranzukommen.
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