Öffentliches Recht
Baurecht: Bauplanungsrecht
Beplanter Innenbereich (§ 30 BauGB)
Befreiungen (§ 31 Abs. 2 BauGB): Grundfall
Befreiungen (§ 31 Abs. 2 BauGB): Grundfall
16. Februar 2025
10 Kommentare
4,8 ★ (18.045 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Feuerbestattung-GmbH will ein Krematorium mit Abschiedsraum errichten. Der qualifizierte Bebauungsplan weist ein Gewerbegebiet aus.
Diesen Fall lösen 79,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Befreiungen (§ 31 Abs. 2 BauGB): Grundfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Krematorium kann im Gewerbegebiet als „Anlage für kulturelle Zwecke“ ausnahmsweise zulässig sein (§ 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO)
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben nicht gebietsverträglich ist. Ist das Krematorium mit Andachtsraum gebietsverträglich?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Die Errichtung des Krematoriums im Gewerbegebiet kann aufgrund einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zulässig sein.
Ja, in der Tat!
4. Die Grundzüge der Planung sind unter anderem dann berührt, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht.
Ja!
5. Berührt das geplante Krematorium die Grundzüge der Planung?
Genau, so ist das!
6. Dass ein Vorhaben Grundzüge der Planung berührt, kann überwunden werden, wenn einer der in § 31 Abs. 2 BauGB benannten Gründe vorliegt.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Rick-energie🦦
28.6.2023, 09:58:57
Aus Neugierde: Bei reinen Krematorien müsste dann anderes gelten, richtig? Da dann der kulturelle/wie auch immer geartete Zweck der Andacht entfällt, es sich nur noch um die Verbrennung handelt und damit dann um einen Gewerbebetrieb in Reinform?

M0NAC0
3.12.2023, 18:04:15
Würde mich auch interessieren

Lukas_Mengestu
15.5.2024, 17:57:46
Hallo ihr beiden, spannende Frage! Soweit ersichtlich gibt es hierzu noch keine Rechtsprechung, sondern nur zum Krematorium mit Abschiedsraum (vgl. https://www.bverwg.de/020212U4C14.10.0). Dort heißt es u.a.: "Wie auch das Oberverwaltungsgericht angemerkt hat, ist nicht zu erkennen, dass sich die gesellschaftlichen Anschauungen im Umgang mit dem Tod wesentlich gewandelt haben. Der übliche Umgebungslärm und die allgemeine Geschäftigkeit eines Gewerbegebiets stehen dazu im Widerspruch. Eine derartige Umgebung ist regelmäßig geeignet, den Vorgang der Einäscherung als Teil der Bestattung in einer Weise gewerblich-technisch zu prägen, die mit der kulturellen Bedeutung eines Krematoriums mit Abschiedsraum nicht vereinbar ist." Stellt man also darauf ab, dass auch ohne Abschiedsraum der Einäscherungsprozess nicht gewerblich-technisch geprägt werden dürfe, könnte dies auch bei Krematorien ohne Abschiedsraum für eine Gebietsunverträglichkeit sprechen. In der Praxis dürfte es aber regelmäßig ohnehin primär Krematorien mit entsprechendem Abschiedsraum geben. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
hagenhubl
29.10.2024, 09:31:11
Gibt es denn auch ein Krematorium ohne Abschiedsraum? Die Angehörigen müssen doch auch bei einer Feuerbestattung die Möglichkeit haben, von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen.

Nils
12.2.2025, 02:06:09
Mir würden da spontan Krematorien für größere Tiere oder vielleicht Menschen einfallen, die z.B. aufgrund von hochansteckenden Krankheiten hygienisch einwandfrei verbrannt werden müssen. Ich denke nicht, dass es hier Abschiedsräume gibt, sondern dass das dann z.B. in der Friedhofskapelle nachgeholt wird.
caddycez
3.2.2025, 19:54:03
Zum Verständnis: Hier wurde beim Krematorium mit Andachtsraum eine Gebietsunverträglichkeit bejaht und die Möglichkeit einer Befreiung besprochen. In der Regel kann man doch davon ausgehen, dass bei einer Gebietsunverträglichkeit auch eine Befreiung nicht in Frage kommt, oder? Beide sind ja in ihrer Zweckrichtung „relativ“ ähnlich.