Öffentliches Recht
Europarecht
Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV
Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV: Identitätswahrender Zuzug („Überseering")
Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV: Identitätswahrender Zuzug („Überseering")
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
U, eine Gesellschaft niederländischen Rechts, erwirbt in Köln ein Grundstück, welches sie von der X GmbH bebauen lässt. Ferner verlegt U den Verwaltungssitz nach Köln. Wegen mangelhafter Arbeiten der X erhebt U Klage vor dem zuständigen LG. Diese wird als unzulässig abgewiesen.
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Einordnung des Falls
Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV: Identitätswahrender Zuzug („Überseering")
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Zulässigkeit einer Klage vor dem LG setzt die Parteifähigkeit des Klägers voraus.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft im Rahmen der Vorfrage werden zwei Theorien unterschieden.
Genau, so ist das!
3. Die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt der Gründungstheorie. Die Verlegung des Verwaltungssitzes ändert also nichts an der Rechtsfähigkeit der U.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Die Niederlassungsfreiheit schützt den grenzüberschreitenden "Umzug" einer Gesellschaft. U muss daher als rechtsfähig anerkannt werden.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Fiona
26.5.2023, 15:50:58
Ich bin verwirrt - der BGH folgt der Gründungstheorie, aber die Lösung folgt nun der Sitzungstheorie. Warum? Ich verstehe den Punkt der Steueroasen, aber was führt den nun konkret zur Ablehnung der Ansicht des BGH?
Jopies
27.5.2023, 15:46:09
Die Sitztheorie ist die des BGH. Das würde dazu führen, dass eine ausländische Gesellschaft die nach Deutschland umzieht ihre Gesellschaftsform verlieren würde (keine Gesellschaft ausländischen Rechts weil der Verwaltungssitz ja in Deutschland ist, keine GmbH zum Beispiel, weil nicht als solche eingetragen.) Dies könnte eine Gesellschaft davon abhalten sich dort niederzulassen und wird deshalb vom EuGH als Einschränkung der
Niederlassungsfreiheitgesehen. Um dem Europarecht zu genügen, wendet der BGH in diesen Fällen, die Gründungstheorie an.
Jopies
27.5.2023, 15:51:45
Ansonsten (also z.B. wenn eine Gesellschaft aus dem außereuropäischen Ausland kommt) dann ist die Gründungstheorie noch h.M., denn da gilt das Europarecht ja nicht. Gleiches gilt wenn der europäische Ausgangsstaat auch der Sitztheorie folgt, denn dann verliert die Gesellschaft ihre Gesellschaftsform ja nicht, weil die deutsche Rechtsordnung sie nicht anerkennt, sondern weil die ausländische Ausgangsrechtsordnung es gar nicht anerkennt, dass sie umziehen darf.
David
16.11.2023, 12:56:38
Die Sache wurde 2002 entschieden. Selbst wenn man mit dem BGH hier die Sitztheorie vertreten hätte, nach der die nunmehr aus Deutschland verwaltete Gesellschaft auch nach deutschem Gesellschaftsrecht zu behandeln gewesen wäre, müsste man doch jedenfalls zum Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommen? Dabei war die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR 2002 bereits anerkannt. Deshalb verstehe ich nicht ganz, wieso hier die
Parteifähigkeitproblematisch war. Wenn mir jemand weiterhelfen könnte, wäre ich sehr dankbar!