Öffentliches Recht

Grundrechte

Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)

Relativität der Sphäre 2 (besonderer Schutz in der Sozialsphäre 2)

Relativität der Sphäre 2 (besonderer Schutz in der Sozialsphäre 2)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Investorin I und Unternehmer U besprechen auf einem Spaziergang im Stadtpark neue Investitionen. Sie nehmen absichtlich Routen, auf denen wenig los ist, um ungestört reden zu können. Behördenmitarbeiter B hört das Gespräch im Vorbeigehen mit.

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Einordnung des Falls

Relativität der Sphäre 2 (besonderer Schutz in der Sozialsphäre 2)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Gespräch fällt in die Sozialsphäre von U und I.

Ja, in der Tat!

Die Sozialsphäre umfasst die gesamte Teilnahme am öffentlichen Leben durch den Grundrechtsträger. Bei einem Spaziergang im Stadtpark läuft man auf öffentlich zugänglichen Wegen. Man nimmt somit im Moment des Spazierengehens am öffentlichen Leben teil. U und I nehmen somit bei ihrem Spaziergang im öffentlichen Leben teil. Das Gespräch in diesem Rahmen fällt somit in ihre Sozialsphäre.
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2. Als Teil der Sozialsphäre ist das vertrauliche Gespräch nur schwach durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt.

Nein!

Innerhalb der Sozialsphäre gewährleistet das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) grundsätzlich einen schwächer ausgeprägten Schutz. Dennoch muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Grundrechtsträger trotz des sozialen Kontexts berechtigterweise von einem intensiveren Schutz seiner Persönlichkeit ausgehen durfte. U und I haben sich nur zu zweit getroffen und sich absichtlich auf Routen bewegt, auf welchen wenig los ist. Das Gespräch fand somit in einem vertraulichen Rahmen statt. Innerhalb dessen konnten sie von einer besonderen Vertraulichkeit des gesprochenen Worts ausgehen. Es ist deshalb hier von einem starken Schutz durch das APR auszugehen. Die einschlägige Sphäre und das konkrete Schutzniveau musst Du spätestens bei der Eingriffsrechtsfertigung benennen, denn dort wirkt es sich aus. Je stärker der Schutz, desto höher die Anforderungen an die Rechtfertigung.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FABY

Faby

24.3.2022, 23:53:28

Wieso nimmt man nicht in diesem Fall Privatsphäre mit dem stärkeren Schutz an, sondern Sozialsphäre und nimmt dann hier wiederum ebenfalls starken Schutz an?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.3.2022, 19:26:34

Hallo Faby, die Persönlichkeitssphären lassen sich nicht immer 100%-ig trennscharf voneinander abgrenzen. Maßgebliches Kriterium der Privatsphäre ist eine gewisse räumliche Abgeschiedenheit. Eine solche kann auch in der freien Natur vorliegen bzw. an Orten, die von der beiten Öffentlichkeit deutlich abgeschieden sind (vgl. BVerfG ZUM 2000, 149). Der vorliegende Fall ist insoweit ein Grenzfall. Der Umstand, dass die Routen zwar wenig belebt, aber immerhin belebt sind, spricht vorliegend für das Bejahen der Sozialsphäre. Mit der entsprechenden Argumentation ließe sich im Ergebnis aber auch vertreten, dass hier bereits eine hinreichende räumliche Abgeschottenheit besteht. Dies zeigt sich ja auch daran, dass trotz der Annahme der Sozialsphäre in der Lösung ein höherer Schutzstandard zugebilligt wurde, als zB beim Gespräch auf dem Wochenmarkt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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