Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Gewillkürte Erbfolge

Erbvertrag - Beseitigung der Bindungswirkung/ Anfechtung

Erbvertrag - Beseitigung der Bindungswirkung/ Anfechtung

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der schwerkranke E bestimmt in einem Erbvertrag seine Tochter T als alleinige Erbin. Im Gegenzug hat sich T zur Pflege des E verpflichtet, kommt dieser jedoch nicht nach. E möchte die Erbeinsetzung der T daher rückgängig machen. Einer Aufhebung stimmt die T jedoch nicht zu und der Rücktritt ist nicht möglich.

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Einordnung des Falls

Erbvertrag - Beseitigung der Bindungswirkung/ Anfechtung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt ein entgeltlicher Erbvertrag vor.

Ja!

Bei einem entgeltlichen Erbvertrag besteht eine Abhängigkeit zwischen der vertragsmäßigen Bindung des Erblassers und der Verpflichtung des Vertragspartners. Der Vertragserblasser verfügt nur deshalb vertragsmäßig, weil der Vertragspartner eine Leistung zugesagt hat. T hat sich im Gegenzug für die Erbeinsetzung des N rechtsgeschäftlich zur Pflege des E verpflichtet. Es liegt somit ein entgeltlicher Erbvertrag vor. Der rechtsgeschäftliche Versorgungsvertrag bedarf nicht der Form des Erbvertrags, denn es handelt sich um einen selbständigen Vertrag der nur kausal mit dem Erbvertrag verknüpft ist.
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2. E kann den Erbvertrag wegen eines Motivirrtums anfechten.

Genau, so ist das!

Gemäß §§ 2281 Abs. 1, 2078 BGB berechtigt jeder Irrtum, auch ein Motivirrtum, den Erblasser zur Selbstanfechtung. Dabei kommt es allein auf die (subjektiven) Vorstellungen des Erblassers an. Der Vertrauensschutz des Erbvertragspartners hat demgegenüber zurückzutreten. E setzt die T nur deshalb vertragsmäßig als Erbin ein, weil sich diese zu Pflegeleistungen verpflichtet hat. Da T dieser nicht nachkommt, unterliegt E einem Motivirrtum und kann den Erbvertrag daher anfechten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johannes Nebe

Johannes Nebe

7.5.2023, 11:51:20

Es fällt mir schwer, hier einen

Motivirrtum

zu erkennen. Ein

Motivirrtum

ist doch der Irrtum über einen Beweggrund. Am Beweggrund und am Ziel des E, seine Pflege zu sichern, hat sich nichts geändert. Geändert hat sich nur die Leistungsbereitschaft der T, die aber keine Auswirkung auf den Beweggrund des E hat. Wo irre ich?

PR

Prokurist

4.8.2023, 11:56:16

Ein

Motivirrtum

kann bei einem Erbvertrag gem. §§ 2281 I, 2078 BGB zur Anfechtung berechtigen. Im BeckOK BGB steht zum Beispiel folgendes: Auch die enttäuschte Erwartung des Erblassers, der andere Vertragsteil werde seine übernommenen Pflichten (zB Pflege, Unterhaltszahlungen) erfüllen, kann die Anfechtung rechtfertigen (BGH NJW 1952, NJW Jahr 1952 Seite 419; FamRZ 1973, FAMRZ Jahr 1973 Seite 539; BayObLG NJW 1964, NJW Jahr 1964 Seite 205).

Steinfan

Steinfan

22.3.2024, 15:09:37

In dieser Fallgruppe kann, soweit ich weiß, noch die Zweckverfehlungskondiktion gem. § 812 I 2 Alt. 2 BGB geprüft werden. Anspruchsziel ist die Aufhebung des Erbvertrags. Der verfehlte Zweck ist die Pflege.

LS2024

LS2024

22.5.2024, 14:15:37

Ohne Dir widersprechen zu wollen, mehr für mein eigenes Verständnis: Müsste nicht bei der Zweckverfehlungskondiktion auch ein Zweck verfolgt worden sein, der nicht vertraglich vereinbart wurde? Die Verpflichtung zur Pflege ist doch aber hier gerade vertraglich vereinbart. Allgemein frage ich mich wie man den klassischen Fall der Zweckverfehlungskondiktion von einem formunwirksamen Erbvertrag abgrenzt. Bzw. ist dann bei einem formunwirksamen Erbvertrag die Zweckverfehlungskondiktion anwendbar?

Steinfan

Steinfan

22.5.2024, 14:48:17

Hi, das stimmt, die Pflegeverpflichtung wurde vertraglich vereinbart, aber es kommt ja hier auf das Verhältnis der Pflege zum Erbvertrag an. Und dieses Verhältnis ist niemals ein

synallagma

tisches; die vertragsmäßigen Verfügungen werden nur mit Rücksicht auf die Pflege getroffen. Die Pflege ist also Beweggrund bzw „Zweck“ der Verfügung, aber keine „Gegenleistung“. Deinen zweiten Absatz verstehe ich nicht ganz, also was genau ist die Konstellation bzw. die Fragestellung?


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