Zivilrechtliche Nebengebiete
Erbrecht
Gewillkürte Erbfolge
Erbvertrag - Beseitigung der Bindungswirkung/ Anfechtung
Erbvertrag - Beseitigung der Bindungswirkung/ Anfechtung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der schwerkranke E bestimmt in einem Erbvertrag seine Tochter T als alleinige Erbin. Im Gegenzug hat sich T zur Pflege des E verpflichtet, kommt dieser jedoch nicht nach. E möchte die Erbeinsetzung der T daher rückgängig machen. Einer Aufhebung stimmt die T jedoch nicht zu und der Rücktritt ist nicht möglich.
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Einordnung des Falls
Erbvertrag - Beseitigung der Bindungswirkung/ Anfechtung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Es liegt ein entgeltlicher Erbvertrag vor.
Ja!
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2. E kann den Erbvertrag wegen eines Motivirrtums anfechten.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Johannes Nebe
7.5.2023, 11:51:20
Es fällt mir schwer, hier einen
Motivirrtumzu erkennen. Ein
Motivirrtumist doch der Irrtum über einen Beweggrund. Am Beweggrund und am Ziel des E, seine Pflege zu sichern, hat sich nichts geändert. Geändert hat sich nur die Leistungsbereitschaft der T, die aber keine Auswirkung auf den Beweggrund des E hat. Wo irre ich?
Prokurist
4.8.2023, 11:56:16
Ein
Motivirrtumkann bei einem Erbvertrag gem. §§ 2281 I, 2078 BGB zur Anfechtung berechtigen. Im BeckOK BGB steht zum Beispiel folgendes: Auch die enttäuschte Erwartung des Erblassers, der andere Vertragsteil werde seine übernommenen Pflichten (zB Pflege, Unterhaltszahlungen) erfüllen, kann die Anfechtung rechtfertigen (BGH NJW 1
952, NJW Jahr 1
952Seite 419; FamRZ 1973, FAMRZ Jahr 1973 Seite 539; BayObLG NJW 1964, NJW Jahr 1964 Seite 205).
Steinfan
22.3.2024, 15:09:37
In dieser Fallgruppe kann, soweit ich weiß, noch die Zweckverfehlungskondiktion gem. § 812 I 2 Alt. 2 BGB geprüft werden. Anspruchsziel ist die Aufhebung des Erbvertrags. Der verfehlte Zweck ist die Pflege.
LS2024
22.5.2024, 14:15:37
Ohne Dir widersprechen zu wollen, mehr für mein eigenes Verständnis: Müsste nicht bei der Zweckverfehlungskondiktion auch ein Zweck verfolgt worden sein, der nicht vertraglich vereinbart wurde? Die Verpflichtung zur Pflege ist doch aber hier gerade vertraglich vereinbart. Allgemein frage ich mich wie man den klassischen Fall der Zweckverfehlungskondiktion von einem formunwirksamen Erbvertrag abgrenzt. Bzw. ist dann bei einem formunwirksamen Erbvertrag die Zweckverfehlungskondiktion anwendbar?
Steinfan
22.5.2024, 14:48:17
Hi, das stimmt, die Pflegeverpflichtung wurde vertraglich vereinbart, aber es kommt ja hier auf das Verhältnis der Pflege zum Erbvertrag an. Und dieses Verhältnis ist niemals ein synallagmatisches; die vertragsmäßigen Verfügungen werden nur mit Rücksicht auf die Pflege getroffen. Die Pflege ist also Beweggrund bzw „Zweck“ der Verfügung, aber keine „Gegenleistung“. Deinen zweiten Absatz verstehe ich nicht ganz, also was genau ist die Konstellation bzw. die Fragestellung?