Textformerfordernis gilt auch für Vertragsänderungen


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Die Eheleute E möchten für sich privat ein Haus bauen. Hierzu schließen mit dem Bauunternehmen B einen Verbraucherbauvertrag unter Einhaltung der Textform. Nachträglich vereinbaren B und E mündlich Abweichungen vom Vertrag.

Einordnung des Falls

Textformerfordernis gilt auch für Vertragsänderungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Vertragsschluss bedarf der Textform.

Ja, in der Tat!

Das Textformerfordernis ergibt sich aus § 650i Abs. 2 BGB. Die Anforderungen der Textform richten sich nach § 126b BGB. Zur Wahrung der Textform muss eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden, in der die Person des Erklärenden genannt ist (§126b S. 1 BGB). E und B schließen den Verbraucherbauvertrag unter Wahrung der Textform (§ 650i Abs. 2 BGB).

2. Die nachträgliche Abrede konnte mündlich getroffen werden.

Nein!

Der zeitliche Geltungsbereich betrifft nicht nur den Vertragsschluss. Das Formerfordernis bezieht sich auch auf die nach dem Vertragsschluss getroffenen Änderungen und Ergänzungen. Als Beispiele sind Änderungen gemäß § 650b Abs. 1 BGB und § 650b Abs. 2 BGB zu nennen. E und B vereinbaren nach Vertragsschluss eine Abweichung. Das Textformerfordernis greift.

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JO

jomolino

7.2.2022, 16:33:38

Es wäre leichter zu beurteilen wenn es eine Angabe zu den Abweichungen gäbe. Ist es nicht so dass geringfügige Abweichungen nicht erneut der Form bedürfen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

9.2.2022, 13:14:55

Hallo nomamo, vielen Dank für den Hinweis. Im Grundsatz unterliegt jegliche Änderung des Verbraucherbauvertrages ebenfalls dem Textformerfordernis (Merkle, in: BeckOGK-BGB, 1.10.2021, § 650i RdNr. 62; Kniffka, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5.A. 2020, Teil 4 RdNr. 36). Einschränkungen im Hinblick auf den Umfang der Abweichung konnte ich in der einschlägigen Literatur nicht finden bzw. auch dem Wortlaut der Norm nicht entnehmen. Das Textformerfordernis soll indes im Wesentlichen den Verbraucher schützen. In Ausnahmefällen kann es dem Unternehmer insofern versagt sein, sich auf die Formnichtigkeit einer Änderung ggü. dem Verbraucher zu berufen (Kniffka, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5.A. 2020, Teil 4 RdNr. 36). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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