Verbindung mit anderen Rechtsbehelfen

14. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G hat gegen S einen titulierten Anspruch auf Zahlung von €200. G beauftragt Gerichtsvollzieher Z mit der Vollstreckung. Später bekommt er Mitleid mit S und erlässt ihm die Forderung. Z weiß nichts davon und pfändet die Brille des S.

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Einordnung des Falls

Verbindung mit anderen Rechtsbehelfen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S kann gegen die Pfändung der Brille mit der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) vorgehen.

Genau, so ist das!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Erinnerungsbefugnis, (3) Zuständigkeit des Gerichts, (4) Form, (5) Rechtsschutzbedürfnis. Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn der Erinnerungsführer gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsorgans mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. S kann die Verletzung des Pfändungsverbots (§ 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. c ZPO) rügen. Diese Vorschrift, nach der die Pfändung unter anderem von Sachen, die der Schuldner aus gesundheitlichen Gründen benötigt, verboten ist, stellt eine Verfahrensvorschrift dar. Die Erinnerung ist der richtige Rechtsbehelf. Zum 01.01.2022 wurde § 811 ZPO geändert. § 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. c ZPO n.F. = § 811 Abs. 1 Nr. 12 ZPO a.F.
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2. S kann im Rahmen der Erinnerung (§ 766 ZPO) auch den Einwand erheben, G habe ihm die Forderung erlassen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Erinnerung (§ 766 ZPO) dient nicht dazu, materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Anspruch geltend zu machen. Materielle Rechtsfragen soll (und kann) das Vollstreckungsorgan wegen der Formalisierung der Zwangsvollstreckung grundsätzlich nicht prüfen. Die Einwendung, G habe S die Forderung erlassen (§ 397 Abs. 1 BGB), stellt eine materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch selbst dar. Diese kann nicht mit der Erinnerung geltend gemacht werden. Richtiger Rechtsbehelf für diese Einwendung ist die Vollstreckungsabwehrklage767 ZPO).

3. S kann die Erinnerung (§ 766 ZPO) und die Vollstreckungsabwehrklage767 ZPO) in einem Prozess geltend machen (§ 260 ZPO).

Nein!

Vollstreckungsabwehrklage767 ZPO) und Erinnerung (§ 766 ZPO) lassen sich nicht verbinden (§ 260 ZPO). Die Vollstreckungsabwehrklage ist eine Gestaltungsklage, die durch Urteil entschieden wird. Die Erinnerung ist hingegen kein Klageverfahren und wird durch Beschluss entschieden. S muss beide Rechtsbehelfe separat einlegen. Dabei zielt die Erinnerung auf die Aufhebung der konkreten Vollstreckungsmaßnahme (hier: Pfändung der Brille) ab, während die Vollstreckungsabwehrklage die Vollstreckbarkeit des Titels insgesamt beseitigen soll. § 767 ZPO geht in seiner Zielrichtung daher über die Erinnerung nach § 766 ZPO hinaus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DEN

Dennis

3.7.2020, 08:06:36

In der ersten Frage wäre eine Konkretisierung auf die Brille hilfreich. Die Frage ist derzeit recht offen formuliert, sodass diese auch auf die fehlerhafte Antragsart (Vollstreckungsabwehr) gerichtet sein könnte.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

3.7.2020, 22:06:40

Hallo Dennis, auch ich habe hier instinktiv zuerst an

767 ZPO

gedacht und deswegen Frage 1 mit Nein beantwortet. Andererseits war der Lerneffekt bzgl. der Brille als unpfändbarer Gegenstand und 766 ZPO als

statthafte Antragsart

dadurch größer.

PETE

Peter

24.7.2023, 10:15:31

Gutes Kapitel! Die „Fang“-Frage mit der Brille macht den Unterschied zwischen Erinnerung und

Vollstreckungsabwehrklage

sehr plastisch 😊

FI

fisko

2.12.2024, 15:58:02

Gerade bei der Frage habe ich erwartet, dass die Erinnerung nach § 766 ZPO keine taugliche Möglichkeit darstellt, da im Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Fall (zusätzlicher Erlass der Forderung) die

Vollstreckungsabwehrklage

nach §

767 ZPO

festzustellen ist, dass die Schutzrichtung von §

767 ZPO

weitergehender ist, wenn die gesamte ZV für

unzulässig

erklärt wird und damit effektiverer Rechtsschutz möglich ist. Insofern hätte ich es besser gefunden, wenn die Frage gelautet hätte, ob § 766 ZPO S

TAT

THAFT ist. Die "Falle" wäre dieselbe geblieben, mit Blick auf das Rechtsschutzbedürfnis aber konsequenter.

JUL

Julia_2802

6.11.2024, 11:31:06

Wenn der Gläubiger doch nicht mehr gegen den Schuldner vorgehen möchte könnte man dann nicht auch dahingehend argumentieren, dass dann eine allg. Vollstreckungsvoraussetzung in Form des fehlenden Antrags des Gläubigers fehlt und dann doch die Erinnerung s

tat

thaft wäre?


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