Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2020
Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Rechtsanwaltsvertrages
Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Rechtsanwaltsvertrages
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die nach einem Verkehrsunfall schwerstbehinderte M schließt mit R einen Anwaltsvertrag bezüglich der Geltendmachung ihrer Schadensersatzansprüche ab. Später verlangen M's Töchter K1 und K2, die bei dem Unfall auch im Auto saßen, von R Schadensersatz. Sie meinen, R hätte im Rahmen des Mandats mit M auch über die ihnen zustehenden, inzwischen verjährten Ansprüche aufklären müssen.
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Einordnung des Falls
Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Rechtsanwaltsvertrages
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K1 und K2 steht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Verletzung einer nichtleistungsbezogenen Hinweispflicht des R aus dem Anwaltsvertrag mit M zu (§§ 675, 241 Abs. 2 BGB).
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ein Schadensersatzanspruch der K1 und K2 könnte sich aber aus dem zwischen M und R abgeschlossenen Anwaltsvertrag in Verbindung mit den Grundsätzen zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ergeben.
Genau, so ist das!
3. Der VSD an sich hat vier Voraussetzungen.
Ja, in der Tat!
4. K1 und K2 müssten bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung aus dem Vertrag in Berührung gekommen sein.
Ja!
5. Die Leistungsnähe des Dritten entsteht bei einem Anwaltsvertrag bereits dann, wenn der Rechtsanwalt Anhaltspunkte für eigene Ansprüche dem Mandanten nahestehender Dritter aus demselben Rechtsgrund und gegen denselben Anspruchsgegner hat.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. K1 und K2 waren am Gegenstand des Anwaltsvertrages zwischen M und R persönlich beteiligt.
Nein, das trifft nicht zu!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Feri
10.12.2020, 05:20:22
Feri
10.12.2020, 05:20:48
Zweifelhafte Rechtsprechung. Bei einem einheitlichen Verkehrsunfall mit Geschädigten ein und derselben Familie die Leistungsnähe zu verneinen halte ich für drastisch gekünselt. Der RA vertritt die Anspruchsberechtigte in der Sache, dessen Tatsachenverhandlung dem Grunde nach Präjudizwirkung zukommt und K1 und K2 entsprechend betreffen. Die Leistungsnähe ist evident. Hier die anwaltliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Elternteil als (auch) vermögensrechtliche Vertreterin der K1,2 auf das blinde
Feri
10.12.2020, 05:22:30
Minimum zu reduzieren ist mEn unvertretbar. Hier steht die Haftpflicht des RA den verjährten Ansprüchen der Kinder gegenüber. Fader Beigeschmack.
Eigentum verpflichtet 🏔️
10.12.2020, 11:16:57
Eine andere Ansicht ist hier, wie so oft vertretbar, lieber Feri. Die Ansicht des BGH aber als "unvertretbar" zu bezeichnen, da können wir nicht mitgehen. Die Ansicht des höchsten deutschen Zivilgerichts ist natürlich in jeder Klausur vertretbar.
Fiat Iustitia!
27.4.2021, 08:59:35
Als Rechtsreferendar muss ich sowieso immer dem BGH folgen, Feri hat denk ich aber schon auch Recht mit seiner inhaltlichen Kritik. Der BGH wollte scheinbar auf Teufel komm raus eine extensive Anwendung des VSD in Anwaltsverträgen verhindern und hat sich hier nichtmal dogmatisch sonderlich viel Mühe gegeben dies zu verschleiern.
Feri
27.4.2021, 17:11:38
Meine Kritik ging auch eher auf der moralischen Ebene auf. Das in der Entscheidung Moral keine große Rolle spielte, wird ohne weiteres deutlich.
Dominik
27.8.2021, 19:52:07
Darauf, dass man möglicherweise Ansprüche als Opfer eines Verkehrsunfalls hat, kann man aber schon kommen. Die Leistungsnähe kann ich hier auch nicht erkennen, evident ist sie sicherlich nicht. Für eine besondere Schutzwürdigkeit der Töchter gibt es, soweit der SV hier dargestellt ist, keine Hinweise. Insoweit eine für mich überzeugende Entscheidung! :)
CR7
1.2.2023, 06:30:09
@[Feri](130745) ich habe hier genauso wie du argumentiert und daher nahezu alle Fragen falsch beantwortet. Die Leistungsnähe ist für mich auch klar gegeben. Ich sehe es wie du, dass der BGH hier eine ausufernde Geltendmachung von SE-Ansprüchen ggü. RAen verhindern wollte. Zwar kann man argumentieren, als Opfer eines Unfalls ist es klar, dass man auch eigene Ansprüche geltend machen kann. Der Sinn und Zweck einer Tätigkeit des RA ist mE die vollumfängliche mandantenorientierte Beratung. Ich hätte noch argumentiert, der RA hätte das ganze Mandat als Familienmandant annehmen können, dann wären alle drei Personen Partei des BeratungsV gewesen. Insofern halte ich die Entscheidung nicht für unvertretbar, aber eine andere Sicht ist jedenfalls vertretbar.
Pele
16.9.2021, 10:07:53
Die Entscheidung ist richtig, da auch der Anwalt in einer Haftung steht.