+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Miesepeter P findet heraus, dass Nachbarin N auf dem Nachbargrundstück ohne Baugenehmigung den Bau eines Hauses angefangen hat. Er ist der Meinung, N würde die Grenzabstände nicht einhalten. Er will, dass die Baubehörde (B) N den Bau vorläufig untersagt, bevor das Haus errichtet ist.
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Einordnung des Falls
1 Fall Verpflichtungsklage: Regelungsanordnung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zur Sicherung von Ps Rechtsposition bedarf es einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO.
Ja, in der Tat!
Eine Regelungsanordnung (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO) kommt zur Erweiterung der Rechtsposition des Bürgers in Betracht. Sie ist in der Regel einschlägig, wenn der Antragsteller ein Handeln der Verwaltung verlangt. Die Regelungsanordnung ist in allen Fällen möglich, in denen die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung in Bezug auf ein streitiges Ereignis besteht. Mangels Baugenehmigung scheidet eine Anfechtungsklage bzw. ein Antrag nach §§ 80ff. aus. In Betracht kommt nur die Verpflichtung der Behörde, gegen den Schwarzbau einzuschreiten. N hat den Bau des Hauses bereits begonnen, sodass Eilrechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO notwendig ist. Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
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2. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist begründet, wenn P Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft machen kann.
Ja!
Der Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO setzt voraus, dass die Regelung nötig ist, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Die Begründetheit des Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO gliedert sich in die Prüfung des (1) Anordnungsanspruchs und des (2) Anordnungsgrundes. Der Anordnungsanspruch bezieht sich auf das materielle Recht, für das vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird. Es wird also das subjektive Recht aus dem Hauptsacheverfahren geprüft. Das Recht kann sich auch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung richten. Im Rahmen des Anordnungsgrundes wird die Eilbedürftigkeit geprüft. Beide Punkte müssen vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden, was im ersten Examen keine besondere Rolle spielt.
3. Es ist von vornherein ausgeschlossen, dass P durch den Bau der N in seinen Rechten verletzt ist und einen Anspruch auf Einschreiten der Behörde hat.
Nein, das ist nicht der Fall!
Der Anordnungsanspruch im Rahmen des Antrags auf Regelungsanordnung (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO) besteht, wenn der Antragsteller nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage mit erheblicher Wahrscheinlichkeit in seinen Rechten verletzt ist und einen Anspruch auf Einschreiten der Behörde hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass N bei ihrem Schwarzbau die erforderlichen Grenzabstände nicht einhält. Dies würde P als Nachbarn in seinen subjektiven Rechten verletzen. Hierzu hast Du in der Klausur regelmäßig mehr Angaben, die Du sauber in Deine Prüfung einbauen musst. 4. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht offensichtlich, hängt die Begründetheit des Antrags von der Interessenabwägung ab.
Ja, in der Tat!
Besteht ein Anordnungsanspruch offensichtlich, d.h. wird die Sache in der Hauptsache offensichtlich Erfolg haben, ist eine einstweilige Anordnung in der Regel zu erlassen. Wäre die Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist eine einstweilige Anordnung in der Regel abzulehnen. Wenn die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unklar sind, muss im Rahmen des Anordnungsgrundes das Interesse des Antragstellers einerseits gegen das öffentliche Interesse bzw. das Interesse des Dritten abgewogen werden.
5. Es fehlen gewichtige Gründe des N für die Begründung des Anordnungsgrundes. Der Antrag ist unbegründet.
Nein!
Im Rahmen des Anordnungsgrundes wird das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der einstweiligen Verfügung gegen das dagegen stehende öffentliche Interesse bzw. das Interesse des Dritten abgewogen. Entscheidend ist die Frage, für wen bzw. welche Rechtsgüter die Belastung höher ist. Also: Hätte es gravierendere Folgen, wenn (1) die einstweilige Anordnung erfolgt und sich das Hauptsacheverfahren als erfolglos herausstellt oder wäre es schlimmer, wenn (2) die einstweilige Anordnung nicht erfolgt und die Hauptsache erfolgreich ist? Erfolgt die einstweilige Anordnung nicht, wird N ihren Bau fortsetzen. Ist ihr Haus erstmal errichtet, ist dies schwer rückgängig zu machen. Das würde eine erhebliche Belastung für Ns Rechte aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG bedeuten. Weiterhin ist kein schützenswertes Interesse der N daran erkennbar, dass eine einstweilige Anordnung nicht erfolgt. Der Antrag ist begründet.