Öffentliches Recht
VwGO
Vorläufiger Rechtsschutz (§ 123 VwGO)
1 Fall Feststellungsklage: Sicherungsanordnung
1 Fall Feststellungsklage: Sicherungsanordnung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Eine Verordnung der Gemeinde G in Land L bestimmt für Bezirk B, dass dort das Nachgehen der Prostitution verboten ist. P hält die Verordnung für nichtig, weil diese die formellen Anforderungen des Zitiergebots aus Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG nicht erfüllt, was tatsächlich der Fall ist. Damit P bis zur Entscheidung in der Hauptsache seinen Lebensunterhalt verdienen kann, stellt er einen Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO.
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Einordnung des Falls
1 Fall Feststellungsklage: Sicherungsanordnung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist nur statthaft, wenn das Land L von der Möglichkeit des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO keinen Gebrauch gemacht hat.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Verordnung ist aufgrund eines formellen Fehlers nichtig. Der Anordnungsanspruch besteht.
Ja!
3. Ps Antrag scheitert am Fehlen der Eilbedürftigkeit. Der Antrag ist daher unbegründet.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Ls Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO ist begründet, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
jomolino
3.5.2022, 14:06:40
Ist es nicht nach der Rechtsprechung grundsätzlich so, dass bei Art. 12 GG das Zitiergebot nicht mehr richtig zur Anwendung kommt?
Lukas_Mengestu
4.5.2022, 14:29:12
Hallo nomamo, vielen Dank für die Rückfrage. Ich glaube, Du unterliegst hier einer kleinen Verwechslung. Das Zitiergebot in Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG besagt, dass bei Verordnungen die Rechtsgrundlage anzugeben ist, auf der sie beruht. Dies gilt auch dann, wenn in die Berufsfreiheit eingegriffen wird. Richtig ist aber, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG das Zitiergebot nach Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG, also die Pflicht die Grundrechte zu benennen, die ein Gesetz einschränkt, auf die Berufsausübungsfreiheit nicht anzuwenden ist, da es hier an einem gezielten Freiheitseingriff fehlt (vgl. BVerfG NJW 1961, 2011). Vielmehr enthalte Art. 12 Abs. 1 GG einen Regelungsvorbehalt, der darauf abzielt, dass die inhärenten Grenzen der gewerblichen Tätigkeit überhaupt erst durch Gesetze ausgestaltet und konkretisiert werden. Es liegt also keine "Einschränkung" vor, wie sie für das Zitiergebot vorausgesetzt wird (vgl. Art. 19 Abs. 1 GG). Insofern findet das Zitiergebot auch keine Anwendung auf die allgemeine Handlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit oder die Eigentumsgarantie (vgl. Enders, in: BeckOK-GG, 50.Ed. 15.02.2022, Art. 19 RdNr. 14). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
kimboslice
10.6.2022, 15:35:35
Nora Mommsen
6.7.2022, 12:00:47
Liebe kimboslice, danke für den Hinweis! Tatsächlich hast du Recht und ein Antrag nach
§ 47 Abs. 6 VwGOist statthaft, wenn das Landesgesetz dies für untergesetzliche Landesnormen vorsieht. Berlin und Brandenburg haben von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, dort spielt auch der Fall. Wir haben die Aufgabe entsprechend präzisiert. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
kimboslice
6.7.2022, 13:19:40
Alles klar, danke :)
Eric
21.11.2022, 22:35:26
Auch hier sollte Berlin gestrichen werden, da eine Regelung nunmehr existiert ;)
Unterfertigter
26.1.2024, 22:52:01
Ich dachte, mit 62a JustG hätte Berlin mittlerweile eine Regelung iSd 47 I 2?
Leo Lee
27.1.2024, 12:50:12
Hallo, vielen Dank für den Hinweis! Berlin hat wie du zu Recht anmerkst seit ein paar Jahren die neue Regelung in § 62a JustG Bln. Wir haben den Text nun entsprechend angepasst und danken dir vielmals, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
hannabuma
3.6.2024, 19:13:11
Wie wäre es, wenn die Verordnung oder Satzung noch nicht in Kraft getreten ist und der Betroffene sich bereits davor gegen den Erlass w
ehren will? Ist dann trotzdem schon der §
47 VI VwGOeinschlägig, oder nur der § 123 I VwGO?
hardymary
13.11.2024, 16:05:29
Ich würde mit §
47 VI VwGOgehen, sofern es in einem Bundesland spielt, der von dem § 47 I Nr. 2 Gebrauch gemacht hat. . Ich meine, dass da vorbeugender RS mit den allg. Voraussetzungen möglich ist (Abwarten unzumutbar).