Abgrenzung abstrakte Gefahr/Risiko

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Aufgrund wiederholter Auseinandersetzungen auf der Reeperbahn, die durch den Gebrauch von Glasflaschen als Schlagmittel schwerste Verletzungen hervorriefen, erlässt der Senat ein Glasflaschenverbot im Bereich der Reeperbahn durch Verordnung.

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Einordnung des Falls

Abgrenzung abstrakte Gefahr/Risiko

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Erlass einer Verordnung zur Gefahrenabwehr setzt das Vorliegen einer abstrakten Gefahr voraus.

Ja, in der Tat!

Anders als die Generalklausel des § 3 Abs. 1 SOG fordert § 1 Abs. 1 SOG eine abstrakte Gefahr. Diese setzt voraus, dass eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt. Abzugrenzen ist diese von der Gefahrenvorsorge. Diese bekämpft mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts keine Gefahr, sondern lediglich Risiken im Vorstadium von Gefahren. Das Exekutivhandeln ist grundsätzlich auf die Gefahrenabwehr beschränkt. Die Gefahrenvorsorge obliegt dagegen dem Parlamentsgesetzgeber. Deutlich wird hier die in den Verfassungsprinzipien wurzelnde Beschränkung exekutiver Normsetzungsbefugnisse. Nur dem - insoweit demokratisch besonders legitimierten - Parlament ist die Gefahrenvorsorge auf Grundlage einer Risikoabwägung gestattet.
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2. Das Mitführen von Glasflaschen auf der Reeperbahn stellt eine abstrakte Gefahr da.

Nein!

Eine abstrakte Gefahr ist eine Sachlage, die bei einer generell-abstrakten Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt. An den Grad der Wahrscheinlichkeit sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Die Anforderungen an den Grad der Wahrscheinlichkeit sind aufgrund der drohenden schweren Gesundheitsschädigungen abgesenkt. Jedoch ist die absolute Mehrheit der Besucher, die Glasflaschen mitführen, friedlich. Das Mitführen von Glasflaschen begründet somit keine abstrakte Gefahr, sondern lediglich ein Risiko.

3. Mangels abstrakter Gefahr besteht keine Möglichkeit ein Glasflaschenverbot auf der Reeperbahn zu erlassen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Mangels abstrakter Gefahr darf der in § 1 Abs. 1 SOG ermächtigte Senat als Teil der Exekutive kein Glasflaschenverbot durch Verordnung erlassen. Die Gefahrenvorsorge durch Rechtssatz ist vielmehr dem Parlamentsgesetzgeber vorbehalten, der ein entsprechendes Gesetz erlassen könnte. Reeperbahn-kundige unter euch werden wissen, dass auf der Reeperbahn tatsächlich ein Verbot von Glasflaschen gilt. Dieses wurde gerade mangels Vorliegen einer abstrakten Gefahr in Form eines Parlamentsgesetz (das GlasflaschenverbotsG) erlassen.
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