Öffentliches Recht

Grundrechte

Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)

Begriff des Berufs 4: auch öffentlicher Dienst

Begriff des Berufs 4: auch öffentlicher Dienst

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Richter R ist sehr gewissenhaft, sein vorgesetzter Richter V indes nicht. Weil R dies wiederholt in der Richterschaft kritisiert, will V den R aus dem Richterdienst werfen.

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Einordnung des Falls

Begriff des Berufs 4: auch öffentlicher Dienst

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Begriff des Berufs beschränkt sich auf privatrechtliche Tätigkeiten. Berufe des öffentlichen Dienstes sind nicht erfasst.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und in ideeller und materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Der Berufsbegriff ist danach denkbar weit. Er umfasst auch Berufe des öffentlichen Dienstes, also die Tätigkeiten, die überwiegend dem Staat vorbehalten bleiben (etwa Richter, Staatsanwälte, Soldaten).
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2. Berufe des öffentlichen Dienstes werden von Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich erschöpfend geregelt.

Nein!

Die Berufe des öffentlichen Dienstes spielen für die Tätigkeit des Staates eine zentrale Rolle. Sie unterliegen besonderen Bindungen und Gewährleistungen. Diese sind verfassungsrechtlich in den Sonderregelungen des Art. 33 Abs. 2-5 GG normiert. Art. 33 Abs. 2-5 GG überlagert Art. 12 Abs. 1 GG daher in seinem Anwendungsbereich. Art. 12 Abs. 1 GG bleibt darüber hinaus aber als Grundrecht auch auf die Berufe des öffentlichen Dienstes anwendbar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TUBAT

TubaTheo

21.11.2023, 17:21:39

Wie bringe ich die Überlagerung des Art. 12 I GG durch Art. 33 II-V GG dann in der Klausur unter? Ist dann den Anwendungsbereich des Art. 12 I GG quasi subsidiär?

Natze

Natze

14.2.2024, 15:57:28

Würde mich auch interessieren :)

lulilaw

lulilaw

24.5.2024, 19:03:23

Schließe mich an :)

Fabian22

Fabian22

15.8.2024, 12:08:53

Ich würde das spontan so verstehen, dass man grundsätzlich Art. 12 GG prüft und in diesem Rahmen schaut, ob sich Abweichungen durch Art. 33 GG ergeben. Es wäre dann z.B. Art. 12 I GG i.V.m. Art. 33 II GG (so z.B. BVerfG, https://www.bverfg.de/e/rk19980319_1bvr026297.html, Rn. 9). Sicher bin ich mir da aber auch nicht. Das habe ich im Lehrbuch dazu gefunden: "Dementsprechend findet Art. 12 GG Anwendung, wird jedoch gegebenenfalls durch die Spezialvorschrift des Art. 33 GG überlagert und modifiziert. Dies hat zur Folge, dass Sonderregelungen für den öffentlichen Dienst geschaffen werden können, die weiter gehende Eingriffe in die Berufsfreiheit ermöglichen. Für die staatlich gebundenen Berufe, bei denen der Staat dem Berufsinhaber einzelne öffentliche Aufgaben übertragen hat, soll in Anlehnung an Art. 33 Abs. 4 und 5 GG Ähnliches gelten. Nach der Rechtsprechung des BVerfG hängen die Regelungsmöglichkeiten des Gesetzgebers von der Nähe des Berufs zum öffentlichen Dienst ab. Gerechtfertigt werden die Einschränkungsmöglichkeiten mit der Organisationsgewalt des Staates für den jeweiligen Bereich." (Epping/Lenz/Leydecker, Grundrechte, 10. Aufl. 2024, Kap. 8 Rn. 389; Zitat ohne Fn.)


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