Öffentliches Recht

Grundrechte

Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)

Begriff des Berufs 4: auch öffentlicher Dienst

Begriff des Berufs 4: auch öffentlicher Dienst

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Richter R ist sehr gewissenhaft, sein vorgesetzter Richter V indes nicht. Weil R dies wiederholt in der Richterschaft kritisiert, will V den R aus dem Richterdienst werfen.

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Einordnung des Falls

Begriff des Berufs 4: auch öffentlicher Dienst

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Begriff des Berufs beschränkt sich auf privatrechtliche Tätigkeiten. Berufe des öffentlichen Dienstes sind nicht erfasst.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und in ideeller und materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Der Berufsbegriff ist danach denkbar weit. Er umfasst auch Berufe des öffentlichen Dienstes, also die Tätigkeiten, die überwiegend dem Staat vorbehalten bleiben (etwa Richter, Staatsanwälte, Soldaten).
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2. Berufe des öffentlichen Dienstes werden von Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich erschöpfend geregelt.

Nein!

Die Berufe des öffentlichen Dienstes spielen für die Tätigkeit des Staates eine zentrale Rolle. Sie unterliegen besonderen Bindungen und Gewährleistungen. Diese sind verfassungsrechtlich in den Sonderregelungen des Art. 33 Abs. 2-5 GG normiert. Art. 33 Abs. 2-5 GG überlagert Art. 12 Abs. 1 GG daher in seinem Anwendungsbereich. Art. 12 Abs. 1 GG bleibt darüber hinaus aber als Grundrecht auch auf die Berufe des öffentlichen Dienstes anwendbar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TUBAT

TubaTheo

21.11.2023, 17:21:39

Wie bringe ich die Überlagerung des Art. 12 I GG durch Art. 33 II-V GG dann in der Klausur unter? Ist dann den Anwendungsbereich des Art. 12 I GG quasi subsidiär?

Natze

Natze

14.2.2024, 15:57:28

Würde mich auch interessieren :)

baluli

baluli

24.5.2024, 19:03:23

Schließe mich an :)

Fabian22

Fabian22

15.8.2024, 12:08:53

Ich würde das spontan so verstehen, dass man grundsätzlich Art. 12 GG prüft und in diesem Rahmen schaut, ob sich Abweichungen durch Art. 33 GG ergeben. Es wäre dann z.B. Art. 12 I GG i.V.m. Art. 33 II GG (so z.B. BVerfG, https://www.bverfg.de/e/rk19980319_1bvr026297.html, Rn. 9). Sicher bin ich mir da aber auch nicht. Das habe ich im Lehrbuch dazu gefunden: "Dementsprechend findet Art. 12 GG Anwendung, wird jedoch gegebenenfalls durch die Spezialvorschrift des Art. 33 GG überlagert und modifiziert. Dies hat zur Folge, dass Sonderregelungen für den öffentlichen Dienst geschaffen werden können, die weiter gehende Eingriffe in die Berufsfreiheit ermöglichen. Für die staatlich gebundenen Berufe, bei denen der Staat dem Berufsinhaber einzelne öffentliche Aufgaben übertragen hat, soll in Anlehnung an Art. 33 Abs. 4 und 5 GG Ähnliches gelten. Nach der Rechtsprechung des BVerfG hängen die Regelungsmöglichkeiten des Gesetzgebers von der Nähe des Berufs zum öffentlichen Dienst ab. Gerechtfertigt werden die Einschränkungsmöglichkeiten mit der Organisationsgewalt des Staates für den jeweiligen Bereich." (Epping/Lenz/Leydecker, Grundrechte, 10. Aufl. 2024, Kap. 8 Rn. 389; Zitat ohne Fn.)

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

26.9.2024, 13:24:03

Hallo @[TubaTheo](201157), zunächst gilt natürlich der Grundsatz, dass Aspekte genau an der Stelle des Prüfungsschema anzusprechen sind, an der sie (erstmals) relevant werden. Abstrakt lässt sich deine Frage also für die verschiedenen Regelungsinhalte des Art 33 GG und für verschiedene mögliche Fragestellungen leider nicht gut beantworten. @[Fabian22](222008) hat es aber am Beispiel von Art 33 II GG schon schön erläutert. Das BVerfG prüft hier grds weiterhin die Berufsfreiheit nach dem üblichen Schema, modifiziert bzw überlagert von Art 33 II GG (in diese Richtung auch BVerfG, BVerfGE 84, 133, 147, aber str, aA ua vollständige Verdrängung von Art 12 GG und komplett eigenständige Prüfung des Art 33 GG). Ob man das von Beginn an als "iVm Art 33 II GG" zitiert oder an entsprechender Stelle schlicht deutlich macht, dass eine Modifikation durch Art 33 II GG stattfindet, dürfte eher Geschmackssache sein. Inhaltlich kann Art 33 (II) GG zB schon auf der Ebene des sachlichen Schutzbereichs anzusprechen sein, wenn es um "staatliche" Berufe geht. Noch deutlich häufiger wird das aber auf der Rechtfertigungsebene der Fall sein, zB wegen des in Art 33 II GG verankerten Leistungsprinzips. Einzelheiten hängen wie gesagt maßgeblich von der konkreten Fallgestaltung ab. Es bleibt für Prüfungsarbeiten natürlich bei der Regel, dass man seinen eigenen Aufbau grds nicht erklärt und auch nicht erklären muss. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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