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Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Tenor

Hauptsacheentscheidung - Zahlungsklage mit Zinsentscheidung

Hauptsacheentscheidung - Zahlungsklage mit Zinsentscheidung

1. Juni 2025

17 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K verlangt von B €10.000 nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit. Die Klage ist begründet. K hat die Klage am 15.10.2021 erhoben und sie ist B am Montag, 25.10.2021, zugestellt worden.

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Einordnung des Falls

Hauptsacheentscheidung - Zahlungsklage mit Zinsentscheidung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K kann von B lediglich €10.000 verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei einer Zahlungsklage kann der Kläger neben dem einzuklagenden Betrag immer auch Zinsen verlangen. Befindet sich der Schuldner im Schuldnerverzug, so ergibt sich der Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Liegen dessen Voraussetzungen nicht vor, kann der Gläubiger zumindest Zinsen für die Dauer des Prozesses verlangen (§§ 288 Abs. 1, 2, 291 BGB). Er muss die Zinsen aber explizit beantragen. Sie werden ihm nicht automatisch durch das Gericht zugesprochen.K hat zusätzlich zu den € 10.000 noch Prozesszinsen seit Rechtshängigkeit verlangt.
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2. K kann Zinsen seit dem 25.10.2021 verlangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Für den Beginn der Verzinsung der Forderung findet § 187 Abs. 1 BGB entsprechend Anwendung, d.h. die Zinspflicht beginnt einen Tag nach Verzugsbeginn oder Rechtshängigkeit. Durch die Zustellung der Klage am 25.10.2021 ist die Klage rechtshängig geworden (§ 261 Abs. 1 ZPO). Dementsprechend wird die Forderung erst ab dem Folgetag (26.10.2021) verzinst.

3. Die Hauptsacheentscheidung lautet: "Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger €10.000 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen."

Nein!

Da der Kläger nicht weiß, wann die Klage zugestellt wird, ist es üblich in der Klageschrift die Zahlung von Zinsen „seit Rechtshängigkeit“ zu fordern. In dem Urteil muss dies zwingend durch das genaue Datum des Zinsbeginns (Tag nach der Zustellung beim Beklagten) ersetzt werden. Der Tenor ist sonst nicht vollstreckungsfähig.In der Klausur wird dies häufig falsch gemacht. Hüte Dich also möglichst davor, Aktenteile „blind“ abzuschreiben!

4. Die Hauptsacheentscheidung lautet: "Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger €10.000 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2021 zu bezahlen."

Genau, so ist das!

Bei der Berechnung der Nebenforderungen werden häufig vermeidbare Flüchtigkeitsfehler eingebaut. Um hier nicht aus dem Konzept zu kommen, ist es ratsam, sich die relevanten Daten auf einem Zeitstrahl zu vermerken.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FABY

Faby

15.9.2023, 11:00:44

Warum schreibt man im Tenor "5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz", also muss man das nicht genau ausrechnen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.9.2023, 16:54:24

Hallo Faby, der Basiszinssatz (s. § 247 Abs. 1 BGB) ändert sich jeweils zum 1.Januar und 1. Juli eines jeden Jahres (s. hierzu auch: https://www.bundesbank.de/de/bundesbank/organisation/agb-und-regelungen/basiszinssatz-607820). Es ist aber jetzt nicht Sache des Richters genau auszurechnen, wie viel Zinsen der Kläger im Einzelnen erhält, ebensowenig wie der Richter bei der Kostenentscheidung die Kosten angeben muss, sondern lediglich die Kostengrundentscheidung trifft. Die Angabe 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz genügt, um die Zinsen zu ermitteln. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

Natze

Natze

14.4.2025, 22:45:34

Muss das dann der Gerichtsvollzieher ausrechnen?

Denislav Tersiski

Denislav Tersiski

1.11.2023, 19:59:37

Findet 187 I BGB analog auch dann für die Verzinsung von

Schuld

nerverzugszinsen Anwendung, wenn ein Fall von 286 II BGB gegeben ist?

TI

Timurso

13.1.2024, 17:02:10

In den Nummern 2 und 3 meiner Meinung nach ja. Bei Nummer 1 dürfte es idR eher ein Fall von 187 II sein. Nummer 4 je nach Einzelfall.

LI

lisi99

5.1.2024, 17:35:27

Hier wäre es schön klarzustellen, dass der § 187 BGB nicht unbedingt zwingend entsprechend anzuwenden ist, sondern dies umstritten ist. Uns wurde in der Arbeitsgemeinschaft erklärt, dass beides richtig ist, aber jeweils nicht vertieft zu begründen ist.

SI

SimonRe1995

17.9.2024, 16:40:48

Muss die Klage nicht im Übrigen abgewiesen werden, weil ja gerade Zinsen seit Rhk. und nicht seit dem Tag darauf beantragt wurden?

AL

alva1993

23.9.2024, 18:43:20

Nein, die Klage muss nicht iÜ abgewiesen werden. Der Kläger weiß zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht, wann die Klage dem Beklagten zugestellt wird, mithin Rechtshängigkeit eintritt. Dies kann von verschiedenen Faktoren abhängen (Zustellungsprobleme; Gerichtskostenvorschuss etc.)

JALUD

Jan Ludwig

4.11.2024, 19:47:37

@[SimonRe1995](220114) es ist auch so, dass "seit Rechtshängigkeit" stimmt. § 187 I BGB bestimmt dabei nämlich den Beginn der Zinspflicht ausgehend von der Rechtshängigkeit. Sprich § 187 I BGB knüpft dadurch an den Tat der Rechtshängigkeit an.

SI

SimonRe1995

31.12.2024, 23:01:27

In einer Kaiser-Musterlösung habe gelesen, dass man die Wahl hat, entweder die Verzinsung einen Tag später als beantragt beginnen zu lassen und tenoriert „

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

“ oder den Zinsantrag analog

§§ 133, 157 BGB

auslegt. So hatte ich das meine ich auch mal in der AG gehört.

PET

Petrus

24.4.2025, 16:08:59

Hier steht der Kläger hat die Klage am 15.10 "erhoben" und am 25.10. wurde sie dem Beklagten zugestellt. Das ist etwas ungünstig formuliert, weil nach dem Gesetz die Klage"erhebung" durch Zustellung an den Beklagten erfolgt (das wäre hier der 25.). Vor der Zustellung ist die Klage also noch nicht erhoben. Vielleicht einfach schreiben, dass die Klage am 15. bei Gericht eingeht oder anhängig wird, etc.


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