Gerichtliches Verbot, die eigene Wohnung zu betreten – Schutzbereich Art. 13 GG


mittel

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B wurde wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt. Weil er in einer Hausmeisterwohnung in einer Schule wohnt, verbietet ihm das Gericht, sich in dieser oder im 100-Meter-Radius von Schulen und Jugendtreffs aufzuhalten.

Einordnung des Falls

Gerichtliches Verbot, die eigene Wohnung zu betreten – Schutzbereich Art. 13 GG

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der sachliche Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG ist eröffnet.

Genau, so ist das!

Unter Wohnung versteht man solche Räume, die der allgemeinen Zugänglichkeit durch eine räumliche Abschottung entzogen und zur Stätte privaten Lebens und Wirkens gemacht sind. Bs privates Leben und Wirken findet in den Räumen seiner Wohnung statt. Der sachliche Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG ist eröffnet.

2. Die Anweisung des Gerichts, die Wohnung nicht mehr zu betreten, stellt einen Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG dar.

Nein, das trifft nicht zu!

BVerfG: Art. 13 Abs. 1 GG schütze nicht das Besitzrecht an einer Wohnung, sondern deren Privatheit. Er solle Störungen vom Privatleben fernhalten. Nicht umfasst sei hingegen das Interesse, eine bestimmte Wohnung zu seinem Lebensmittelpunkt zu machen. Der Entzug der Verfügungsbefugnis über eine Wohnung stellt nur einen Eingriff dar, wenn dadurch die Privatheit der Wohnung aufgehoben wird. Dies ist hier nicht der Fall. Das Verbot, die Wohnung zu betreten, dient dem Schutz der Kinder, die Wohnung selbst wird dadurch nicht in ihrer Privatheit berührt. Es liegt kein Eingriff vor.

3. Der persönliche Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG ist eröffnet.

Ja!

Träger des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG ist, wer unmittelbarer Besitzer der durch Art. 13 Abs. 1 GG sachlich geschützten Räume ist. B ist unmittelbarer Besitzer als in der Hausmeisterwohnung lebende Person. Der persönliche Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG ist eröffnet.

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LH

L. H.

2.2.2021, 12:35:20

Würde hier der Eingriff in Art. 11 Abs. 1 GG ("Freizügigkeit") durch Abs. 2 ("um strafbaren Handlungen vorzubeugen") gerechtfertigt?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

21.12.2021, 11:10:04

Hallo L.H., die Grenzen des Schutzbereiches das Art. 11 Abs. 1 GG sind lebhaft umstritten (zB Platzverweis=nein; Aufenthaltsverbot=überwiegend ja). Das BVerfG ist auf Art. 11 GG nicht weiter eingegangen. Sofern es allerdings im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG ausführt, dass die Maßnahme im Hinblick auf die erhebliche Gefahr der Begehung von Sexualstraftaten zu Lasten von Minderjährigen verhältnismäßig ist, ließe sich damit auch ein Eingriff in art. 11 Abs. 1 GG rechtfertigen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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