Öffentliches Recht
Grundrechte
Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG)
Gewöhnlicher PKW nicht erfasst
Gewöhnlicher PKW nicht erfasst
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A und B sind ein Paar. Ihre Eltern lassen sie jedoch nie beieinander übernachten. Als A sich einen Pkw kauft, sehen A und B ihre Chance für Zweisamkeit gekommen und verbringen die Nacht im Auto auf einem öffentlichen Parkplatz. Polizist P kontrolliert das Auto.
Diesen Fall lösen 89,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Gewöhnlicher PKW nicht erfasst
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Art. 13 Abs. 1 GG schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Auch das Auto ist vom Begriff der Wohnung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 GG umfasst.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
🦊LEXDEROGANS
12.3.2020, 23:31:55
Wie wäre es, wenn man sich keine Wohnung und kein Wohnmobil leisten kann und dauerhaft im Auto wohnt?
Henk
17.3.2020, 08:08:14
Sobald die Voraussetzungen Abschottung und Möglichkeit der Entfaltung der Persönlichkeit und Privatsphäre vorliegen, meine ich liegt eine Wohnung iSd Art. 13 I GG vor. Klebt der Bürger zB Zeitungen/Pappe an die Fenster, hat persönliche Gegenstände in dem Auto/gestaltet es persönlich und nutzt es zum Aufenthalt und schlafen, dann liegt eine Wohnung iSd 13 I GG vor. Bei einmaligen Aktionen würde ich aber eine Entfaltung der Persönlichkeit und Privatsphäre ablehnen, da eher das reine (ungestörte) Übernachten beabsichtigt ist. Die Person müsse schon regelmäßig einige "Wachzeiten" im Auto verbringen.
Syd
27.11.2021, 14:45:03
Hello🦊, wie wäre es nun bei einem Zelt 🏕 a) indem dauerhaft übernachtet wird b) bspw. bei Übernachtungen auf Festivals ? Liebe Grüße und bleibt gesund Syd
Lukas_Mengestu
29.11.2021, 11:35:46
Hallo Syd, da das BVerfG und die verfassungsgerichtliche Literatur den Begriff der Wohnung sehr weit ziehen und die Funktionen der Wohnung (Privatbereich, Abgeschlossenheit, Geborgenheit, Öffentlichkeitsausschluss) in Deinem Beispiel a) erfüllt sind, dürfte hier unstreitig der Schutzbereich eröffnet sein (vgl. auch Kühne, in: Sachs, GG, 9.A. 2021, Art. 13 RdNr. 1). Auch in Deinem Beispiel b) spricht vieles dafür, dass man hier den Schutzbereich für eröffnet ansieht, denn auf die Dauer des Aufenthaltes kommt es nicht maßgeblich an, sodass auch bei bloß temporären "Wohnungen" wie zB Hotelzimmern oder Krankenzimmern (vgl. BGH NJW 2005, 3295) die Wohnungseigenschaft bejaht wird. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
21.3.2022, 15:36:38
Finden sich in der Literatur auch gegenläufige Ansichten?
Lukas_Mengestu
23.3.2022, 11:09:34
Hallo QuiGonTim, im Hinblick auf den PKW herrscht weitgehend Konsens, dass dieser nicht dem Wohnungsbegriff des Art. 13 GG unterfällt. Dennoch kann im Auto aus anderen Gründen ein erhöhter Grundrechtsschutz bestehen. So hat der BGH beispielsweise geurteilt, dass die akustische Aufzeichnung eines Selbstgesprächs im Auto im Strafverfahren unverwertbar sei, da ein solches Selbstgespräch in einem Auto dem durch Art. 2 abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Kernbereich des Persönlichkeitsrechts unterstehe (vgl. BGH NJW 2012, 945). Maßgeblich war auch hier, dass der Sprechende nicht damit rechnen musste, dass seine Worte außerhalb des Wagens zu verstehen waren. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
n00b
6.8.2022, 17:41:13
Beim Auto spielt m.E. nur die Einsehbarkeit, aber nicht die Verkehrsanschauung eine Rolle.
Lukas_Mengestu
10.8.2022, 17:37:36
Hallo n00b, magst Du dies noch etwas ausführen? Nur weil man zB getönte Scheiben hat, macht dies das Auto ja nicht direkt zu einer Wohnung :-) Beste Grüße, Lukas -für das Jurafuchs-Team