Subsidiär: Zwangshaft

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G kommt der bestandskräftigen Unterlassungsverfügung nicht fristgerecht nach. Bei Androhung des Zwangsgeldes weist B die G darauf hin, dass eine Zwangshaft angeordnet werden kann, wenn das Geld uneinbringlich ist. Die Vollstreckung des Zwangsgeldes bleibt fruchtlos, da G vermögenslos ist.

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Einordnung des Falls

Subsidiär: Zwangshaft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In Betracht kommt die Verhängung einer Zwangshaft. Ist diese ein selbstständiges Zwangsmittel?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Zwangsmittel sind in § 9 VwVG abschließend aufgeführt: (1) Ersatzvornahme (§ 10 VwVG), (2) Zwangsgeld (§ 11 VwVG) und (3) der unmittelbare Zwang (§ 12 VwVG). Die Zwangshaft ist dagegen kein eigenständiges Zwangsmittel. Vielmehr darf diese nur als „Ersatzzwangshaft“ verhängt werden, wenn das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann (§ 16 Abs. 1 S. 1 VwVG). Das Zwangsgeld kann hier nicht beigetrieben werden. G ist vermögenslos und die Vollstreckung des Geldes ist gescheitert. Die Zwangshaft wird wahrscheinlich nicht Gegenstand eines Gutachtens im ersten Examen sein. Sie eignet sich jedoch für Zusatzfragen oder die mündliche Prüfung.
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2. B kann die Zwangshaft selbst anordnen.

Nein!

Die Anordnung der Zwangshaft muss durch einen Richter erfolgen (Art. 104 Abs. 2 GG). Zuständig ist das Verwaltungsgericht (§ 16 Abs. 1 VwVG). Die Behörde muss die Verhängung der Ersatzzwangshaft bei Gericht beantragen. B kann die Ersatzzwangshaft nicht selbt anordnen. Vielmehr muss B dies beim zuständigen Verwaltungsgericht beantragen.

3. Die Zwangshaft kann nur angeordnet werden, wenn der Pflichtige bei Androhung des Zwangsgeldes auf die Möglichkeit der Zwangshaft hingewiesen wurde.

Genau, so ist das!

§ 16 Abs. 1 S. 1 VwVG enthält die Hinweispflicht der Behörde bezüglich der Zwangshaft. Da keine weitere Androhung oder Festsetzung der Zwangshaft durch die Behörde erfolgt, sondern diese direkt einen Antrag beim Verwaltungsgericht stellen kann, muss der Pflichtige zuvor „gewarnt“ werden. G wurde hier auf die Möglichkeit, dass eine Ersatzzwangshaft verhängt werden darf, hingewiesen. B kann die Anordnung einer Zwangshaft bei Gericht beantragen. Du brauchst für die Zwangshaft nichts auswendig zu lernen. Alles, was Du wissen musst, findest du in § 16 VwVG.

4. Steht dem Gericht bei der Entscheidung über die Anordnung der Zwangshaft Ermessen zu?

Ja, in der Tat!

Die Entscheidung über die Anordnung der Zwangshaft liegt allein im Ermessen des Gerichts. Liegen die formellen Voraussetzungen der Zwangshaft vor (vgl. § 16 Abs. 1 S. 1 VwVG), prüft das Gericht, ob die materiellen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen (insbesondere: § 6 Abs. 1 VwVG). Auf Rechtsfolgenseite kommt es vor allem darauf an, ob die Festsetzung der Zwangshaft verhältnismäßig ist. Hier fällt das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 GG) des Pflichtigen schwer ins Gewicht. Das Gericht entscheidet über den Antrag der Behörde durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (Umkehrschluss aus § 107 VwGO).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johaennzen

Johaennzen

20.5.2024, 10:36:02

In der einen Aufgabe heißt es, dass die Zwangshaft nur angeordnet werden kann, wenn der Pflichtige "bei Festsetzung" des Zwangs

geld

es auf die Möglichkeit der Zwangshaft hingewiesen wurde. In § 16 Abs. 1 S. 1 VwVG steht jedoch, dass der Pflichtige bereits "bei Androhung" des Zwangs

geld

es auf die Möglichkeit der Zwangshaft hingewiesen werden muss.

LELEE

Leo Lee

21.5.2024, 10:27:49

Hallo Johaennzen, vielen Dank für den Hinweis! In der Tat hatte sich hier der Fehlerteufel eingeschlichen, weshalb wir den Text nunmehr entsprechend korrigiert haben. Wir möchten uns bei dir bedanken dafür, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen uns auf weitere Feedbacks von dir :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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