Empfangsbedürftigkeit der Rüge

6. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kaufmann K kauft von Kaufmann V 150 Aufbewahrungsdosen. Diese schließen aber entgegen vertraglicher Vereinbarung nicht luftdicht. Dies vermerkt K direkt in seinen Büchern. Er geht davon aus, dass er dies nicht direkt gegenüber V äußern muss.

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Einordnung des Falls

Empfangsbedürftigkeit der Rüge

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Mangelrüge ist eine Willenserklärung.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Willenserklärung ist die (1) Äußerung eines (2) Willens, der auf die (3) Herbeiführung einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. Hiervon muss die geschäftsähnliche Handlung unterschieden werden. Eine geschäftsähnliche Handlung ist eine auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärung, wobei die Rechtsfolge kraft Gesetzes eintritt. Die ordnungsgemäße Mangelrüge führt dazu, dass der Käufer weiterhin seine Gewährleistungsrechte ausüben darf. Sie ändert nichts an der bestehenden Rechtlage. Die Mangelrüge ist insoweit eine reine Wissenserklärung, keine Willenserklärung. Es handelt sich also eine geschäftsähnliche Handlung. Auf sie finden die Regeln über Willenserklärungen aber zum großen Teil analog Anwendung.
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2. Ist die Mangelrüge empfangsbedürftig?

Ja!

Der Wortlaut des § 377 Abs. 4 HGB stellt allein auf das Absenden ab und trifft keine Aussage zur Frage, ob die Rüge auch zugehen muss. Aus dem systematischen Kontext („Anzeige“, § 377 Abs. 1 HGB) und dem Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit schnell für Klarheit zwischen der Parteien zu sorgen, ergibt sich aber, dass die Mangelanzeige empfangsbedürftig ist und zugehen muss. Für den Zugang gelten dabei die allgemeinen Regeln über den Zugang von Willenserklärungen analog. K hat den Mangel durch den Vermerk in seinen Büchern zwar dokumentiert. Dies hätte er aber auch V mitteilen müssen. Denn wenn V nichts von dem Mangel weiß, kann er ihn auch nicht beheben, beziehungsweise Vorbereitungen für eine Inanspruchnahme durch K treffen. K hat somit nicht ordnungsgemäß gerügt.§ 377 Abs. 4 HGB nimmt dem Käufer also lediglich das Risiko des verspäteten Zugangs. Kommt die Mangelanzeige dagegen gar nicht an, so droht ihm der Verlust seiner Gewährleistungsrechte.
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