Öffentliches Recht

Grundrechte

Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG)

Art der Kungdabe: Reichweite der Meinungsäußerungsfreiheit: nur mit friedlichen Mitteln 3: Blinkfüer

Art der Kungdabe: Reichweite der Meinungsäußerungsfreiheit: nur mit friedlichen Mitteln 3: Blinkfüer

25. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Das mächtige Verlagshaus S ruft in einem Rundschreiben zum Boykott des Presseunternehmens P auf. S droht seinen Lieferanten mit Liefersperren, sollten sie dem Boykott nicht folgen. P sieht sich in seiner Pressefreiheit verletzt. S beruft sich auf seine Meinungsfreiheit. ‌

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Einordnung des Falls

Art der Kungdabe: Reichweite der Meinungsäußerungsfreiheit: nur mit friedlichen Mitteln 3: Blinkfüer

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Boykottaufrufe können grundsätzlich in den sachlichen Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallen (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG)?

Ja!

Der sachliche Schutzbereich der Meinungsfreiheit ist bei Boykottaufrufen eröffnet, wenn dem Aufruf eine bestimmte Meinungskundgabe zugrunde liegt. Dies gilt insbesondere, wenn der Aufruf als Mittel eines geistigen Meinungskampfes eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage betrifft, also keine private Auseinandersetzung. ‌
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2. Betrifft der Boykottaufruf eine private Auseinandersetzung, ist der sachliche Schutzbereich der Meinungsfreiheit immer eröffnet.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Boykottaufruf ist von der Meinungsfreiheit nicht erfasst, wenn er aufgrund einer wirtschaftlichen Machtstellung des Aussprechenden die Möglichkeit der Adressaten nimmt, sich selbst eine freie Meinung bilden zu können. Die Adressaten müssen die Möglichkeit haben, ihre Entscheidung in voller innerer Freiheit und ohne wirtschaftlichen Druck zu treffen. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn der zum Boykott Aufrufende mit schweren Nachteilen droht, bzw. sie ankündigt oder soziale und wirtschaftliche Abhängigkeit ausnutzt. Diesen Fall einer Ausnutzung einer Machtstellung hat das BVerfG im vorliegenden Fall angenommen. Der Boykottaufruf fällt deshalb schon nicht in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit.

3. Mit dieser zeitlich nachgehenden Entscheidung hat das BVerfG die für den Boykottaufruf aufgestellten Grundsätze aus dem Lüth-Urteil aufgegeben.

Nein, das trifft nicht zu!

Im Lüth-Urteil hatte der Vorsitzende des Hamburger Presseklubs Lüth (V) zum Boykott eines Films „Unsterbliche Geliebte“ von Veit Harlan (H) aufgrund Hs Rolle bei der Judenverfolgung aufgerufen. Maßgeblicher Inhalt der vorliegenden Entscheidung ist es, dass Boykottaufrufe nicht immer von der Meinungsfreiheit erfasst sind. Entscheidend ist, ob der zum Boykott Aufrufende eine derartige Machtposition innehat, dass seine Äußerungen dazu geeignet sind, die freie Willensbildung anderer auszuschließen.  V hatte bei seinem Boykottaufruf nur an die moralische und politische Verantwortung appelliert. V hatte keine Machtposition inne, um die Verbreitung von Hs Film tatsächlich zu beschränken. Die Entscheidung steht also nicht im Widerspruch zum Lüth-Urteil. Prüfungsort der Abgrenzung ist die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs.
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