Öffentliches Recht
Grundrechte
Allgemeine Grundrechtslehren
Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3), keine GR-Berechtigung => Konfusionsargument
Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3), keine GR-Berechtigung => Konfusionsargument
17. Februar 2025
4 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der Bundestag beschließt ein neues Höchstalter (55 Jahre) für die Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Agentur zeigt sich höchst unerfreut, gehen ihr dadurch wertvolle Mitarbeiter verloren. Die BA begehrt daher unter Berufung auf die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) die Rücknahme der Entscheidung.
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Einordnung des Falls
Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3), keine GR-Berechtigung => Konfusionsargument
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Arbeit der BA-Mitarbeiter fällt in den Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Bundesagentur für Arbeit ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts.
Genau, so ist das!
3. Die BA als Körperschaft des öffentlichen Rechts kann sich gegen den neuen Höchstalter-Beschluss auf die Berufsfreiheit berufen.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Niels
12.12.2024, 21:17:26
Gibt es noch weitere Kriterien, nach denen man Körperschaften und Anstalten unterscheiden kann? Ich habe im ersten Moment die BA für eine Anstalt gehalten und war milde erstaunt, dass diese sich mitgliedschaftlich organisiert und somit eine Körperschaft darstellt.

Kathi
13.1.2025, 09:22:11
Wo ist bei diesem Fall der Unterschied zum Fall mit der Uni, die sich sehr wohl auf ihre Grundrechte berufen konnte? Ich weiß leider nicht mehr, welcher das genau war.
Paul Hendewerk
15.1.2025, 13:54:23
@[Kathi](189118) Grundsätzlich können sich
juristische Personen des öffentlichen Rechtsauf die Grundrechte deswegen nicht berufen, weil diese nicht gem. Art. 19 III GG wesensmäßig auf sie angwendet werden können. Dieser Grundsatz wird überwiegend unter Heranziehung des
Konfusionsarguments begründet: Grundrechte sind (primär) Abwehrrechte gegen den Staat; dann liegt es fern, dass sich die grundrechtsverpflichtete Staatsgewalt, vor der die Grundrechte den einzelnen Grundrechtsträger gerade schützen sollen, ihrerseits auf Grundrechte berufen kann. Bei genauem Hinsehen sind jedoch einzelne
juristische Personen des öffentlichen Rechtsin einer solchen "Staatsferne" (also unabhängig vom Staat) und überdies einem grundrechtlich geschützten Lebensbereich unmittelbar zugeordnet, dass das
Konfusionsargumentnicht mehr verfängt. Dies sind Universitäten mit Blick auf die
Wissenschaftsfreiheitaus Art. 5 III 1 Alt. 2 GG, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mit Blick auf die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 I 2 Alt. 2 GG und öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften mit Blick auf die Glaubensfreiheit aus Art. 4 I, II GG. Im Übrigen können sich alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf die Prozessgrundrechte aus Art. 101, 103 I GG berufen.

Kathi
15.1.2025, 20:56:55
Ahh okay. Einzelne Ausnahme in Bezug auf spezielle Grundrechte. Super, danke dir!