+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der Bundestag beschließt ein neues Höchstalter (55 Jahre) für die Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Agentur zeigt sich höchst unerfreut, gehen ihr dadurch wertvolle Mitarbeiter verloren. Die BA begehrt daher unter Berufung auf die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) die Rücknahme der Entscheidung.
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Einordnung des Falls
Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3), keine GR-Berechtigung => Konfusionsargument
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Arbeit der BA-Mitarbeiter fällt in den Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
Ja!
Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und in ideeller und materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Der Berufsbegriff ist denkbar weit und umfasst auch Berufe des öffentlichen Dienstes. Die Arbeit der BA-Mitarbeiter stellt als auf Dauer angelegte Tätigkeit im öffentlichen Dienst, die auf die Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage gerichtet ist, einen Beruf im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar. Sie fällt damit in den Schutzbereich der Berufsfreiheit.
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2. Die Bundesagentur für Arbeit ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts.
Genau, so ist das!
Es gibt verschiedene juristische Personen des öffentlichen Rechts, darunter Körperschaften und Anstalten. Während Körperschaften sich durch ihre mitgliedschaftliche Verfasstheit definieren, zeichnen sich Anstalten dadurch aus, dass sie einem bestimmten Zweck gewidmetes Vermögen bündeln und verwalten. Die Bundesagentur für Arbeit, durch Hoheitsakt ins Leben gerufen und mitgliedschaftlich verfasst, stellt damit eine klassische Körperschaft und damit eine juristische Person des öffentlichen Rechts dar. Neben Körperschaften und Anstalten gibt es noch Stiftungen. Zu den verschiedenen Formen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts findest Du später im Kurs weiteres Material.
3. Die BA als Körperschaft des öffentlichen Rechts kann sich gegen den neuen Höchstalter-Beschluss auf die Berufsfreiheit berufen.
Nein, das trifft nicht zu!
Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich laut BVerfG grundsätzlich nicht auf die Grundrechte berufen. Das Argument dagegen lautet, dass hinter der juristischen Person der Staat selbst steht. Dieser ist jedoch verpflichtet, die Grundrechte zu achten (Art. 1 Abs. 3 GG) und damit grundrechtsverpflichtet. Er kann sich nicht gleichzeitig auch auf die Grundrechte berufen, also grundrechtsberechtigt sein (sog. Konfusionsargument). Die Bundesagentur für Arbeit ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts grundrechtsverpflichtet. Sie kann nicht gleichzeitig auch grundrechtsberechtigt sein (Konfusionsargument) und kann sich daher nicht auf die Berufsfreiheit berufen. Etwas anderes gilt für die einzelnen Mitarbeiter der Bundesagentur. Die Höchstalter-Regelung betrifft diese nämlich nicht im Rahmen einer rein innerorganisatorischen Maßnahme, sondern berührt sie direkt in ihren subjektiven Rechten. Diese Tatsache ist sauber von der fehlenden Grundrechtsberechtigung der Agentur als juristische Person des öffentlichen Rechts zu trennen! Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
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Kingreen/Poscher, Grundrechte Staatsrecht II, 38.A. 2022, RdNr. 191, Schmidt, Grundrechte, 26.A. 2021, RdNr. 66, 67, 68, 72, 1084, 1086, 1092.