Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Verwaltungsvollstreckung

(Un)Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßmahme 2

(Un)Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßmahme 2

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B erlässt einen Verwaltungsakt gegenüber A, wonach A einen Schwarzbau auf As Grundstück abreißen muss. Der Verwaltungsakt wird bestandskräftig, ohne dass A der Verpflichtung nachgekommen ist. B vollstreckt formell rechtmäßig ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro. Der Abriss durch ein Unternehmen hätte 2.500 Euro gekostet.

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Einordnung des Falls

(Un)Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßmahme 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat formell rechtmäßig im Verfahren nach § 6 Abs. 1 VwVG die Zwangsvollstreckung durchgeführt.

Ja!

Die Zwangsvollstreckung im gestreckten Verfahren setzt voraus, dass ein wirksamer, bestandskräftiger bzw. sofort vollziehbarer Verwaltungsakt vorliegt, welcher eine Handlung, ein Unterlassen oder ein Dulden des Adressat fordert. Formell sind insbesondere die Verfahrensvorschriften der §§ 13-15 VwVG einzuhalten. Die Behörde muss das Zwangsmittel androhen (§ 13 VwVG) und festsetzen (§ 14 VwVG) bevor es angewendet (§ 15 VwVG) wird. B hat laut Sachverhalt formell rechtmäßig vollstreckt, also insbesondere die Vorschriften der §§ 13-15 VwVG eingehalten.
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2. Die Auswahl des Zwangsmittels liegt im Ermessen der Behörde. Bei der Ermessensausübung muss die Behörde den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten.

Genau, so ist das!

Die möglichen Zwangsmittel sind abschließend in § 9 VwVG aufgeführt. Die Behörde kann keine anderen Zwangsmittel „erfinden”. Sie ist aber bei der Auswahl des Zwangsmittels grundsätzlich frei (Auswahlermessen). Allerdings gelten auch hier die Verfassungsgrundsätze, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. auch § 9 Abs. 2 VwVG). B hat sich für das Zwangsgeld entschieden. Dies müsste - gerade auch im Vergleich zu den anderen Zwangsmitteln - verhältnismäßig sein. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt als verfassungsrechtlicher Grundsatz. Es bedarf daher der einfachgesetzlichen Ausgestaltung in § 9 Abs. 2 VwVG eigentlich gar nicht. Hierin liegt nur eine Klarstellung bzw. Konkretisierung.

3. Nach § 11 Abs. 1 S. 2 VwVG hätte B vorrangig auf das Zwangsmittel der Ersatzvornahme zurückgreifen müssen.

Ja, in der Tat!

Das Auswahlermessen der Behörde wird zum einen durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und zum anderen durch gesetzliche Vorschriften begrenzt. So gibt es z.B. Bundesländer, in denen ein Vorrang des Zwangsgeldes normiert ist. Die bundesrechtliche Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 2 VwVG geht bei vertretbaren Handlungen von einem Vorrang der Ersatzvornahme aus. Das Zwangsgeld kommt nur dann in Betracht, wenn die Ersatzvornahme „untunlich” ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die Kosten der Ersatzvornahme den Pflichtigen zu stark belasten würden. Der Abriss ist eine vertretbare Handlung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Ersatzvornahme in diesem Fall untunlich wäre. B hätte auf das Zwangsmittel der Ersatzvornahme zurückgreifen müssen.

4. Davon abgesehen, dass B vorrangig eine Ersatzvornahme hätte durchführen müssen, ist die konkrete Höhe des Zwangsgeldes verhältnismäßig.

Nein!

Das Zwangsmittel muss in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehen und möglichst so bestimmt sein, dass der Betroffene und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden (vgl. § 9 Abs. 2 VwVG). Es gibt keinen Grundsatz, wonach die Höhe des Zwangsgeldes generell nicht die Kosten einer Ersatzvornahme übersteigen darf. Dies kann aber im Einzelfall zur Unverhältnismäßigkeit führen. Die Höhe des Zwangsgeldes belastet A finanziell derart stärker als es die Ersatzvornahme tun würde. Die Vollstreckung des Zwangsgeldes in der konkreten Höhe von 20.000 Euro ist daher ebenfalls unverhältnismäßig. In einem Gutachten prüfst Du immer (hilfsgutachterlich) bis zum Ende, auch wenn Du schon an einem früheren Prüfungspunkt „rausfliegst“.
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