Zivilrecht

Examensrelevante Rechtsprechung ZR

Schadensrecht

Haftet die Betreiberin einer Waschanlage für Schäden an serienmäßigen Heckspoilern? (BGH, Urt. v. 21.11.2024 – VII ZR 39/24)

Haftet die Betreiberin einer Waschanlage für Schäden an serienmäßigen Heckspoilern? (BGH, Urt. v. 21.11.2024 – VII ZR 39/24)

9. März 2025

2 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

W betreibt eine Waschanlage. Das Auto des Kunden K ist serienmäßig mit einem hervorstehenden Heckspoiler ausgestattet. Dieser wird während des Waschvorgangs abgerissen, wodurch Schäden am Heck des Fahrzeugs entstehen.

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Einordnung des Falls

Haftet die Betreiberin einer Waschanlage für Schäden an serienmäßigen Heckspoilern? (BGH, Urt. v. 21.11.2024 – VII ZR 39/24)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 19 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K verlangt Schadensersatz von W. Könnte ihm ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB zustehen?

Ja, in der Tat!

Der Schadensersatzanspruch wegen einer Schutzpflichtverletzung setzt voraus, dass (1) ein (rechtsgeschäftliches oder gesetzliches) Schuldverhältnis besteht, (2) der Schuldner eine Schutzpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat, (3) er die Verletzung zu vertreten hat (§ 276 Abs. 1 BGB) und (4) dem Gläubiger ein Schaden entstanden ist Die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 sind absolute Basics, die du in der Klausur beherrschen musst! Die Grundlagen kannst Du in unserem Kurs zum Allgemeinen Schuldrecht wiederholen.
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2. K und W haben einen Dienstvertrag (§ 611 BGB) abgeschlossen, da sich W verpflichtet hat, das Auto zu waschen.

Nein!

Prüfst Du einen Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB solltest Du zunächst das Schuldverhältnis so konkret wie möglich benennen. Zuerst solltest Du Dich fragen, ob ein vertragliches Schuldverhältnis besteht. Für die Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag ist entscheidend, ob nach dem Vertrag eine Tätigkeit oder auch ein Erfolg geschuldet ist. Beim Dienstvertrag wird nur die ordnungsgemäße Erbringung der Dienstleistung, beim Werkvertrag aber auch ein bestimmter Erfolg geschuldet. Bei der Auslegung sind Vertragsgegenstand, die Art der Vergütung sowie die Risikotragung der Parteien bedeutend. Bei einer Waschanlage kommt es für den Kunden maßgeblich darauf an, dass sein Fahrzeug nach der Wäsche sauber ist, unabhängig von der konkreten Vorgehensweise. Das Risiko einer unzureichenden Reinigung trägt deshalb typischerweise die Betreiberin der Waschanlage. Daher ist der Vertrag zwischen K und W so auszulegen, dass W keine Tätigkeit schuldet. Sie haben keinen Dienstvertrag geschlossen.

3. K und W haben einen Werkvertrag geschlossen.

Genau, so ist das!

Beim Werkvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen (=synallagmatischen) Vertrag. Der Unternehmer (= Schuldner) verpflichtet sich dabei, ein Werk herzustellen; der Besteller (= Gläubiger) verpflichtet sich, die Vergütung zu zahlen (§ 631 Abs. 1 BGB). Beim Werk kann es sich um jeden durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg handeln (§ 631 Abs. 2 BGB). Der Unternehmer trägt das Risiko, dass der Erfolg trotz seiner Bemühungen nicht eintritt. K und W haben konkludent vereinbart, dass W den Erfolg schuldet, das Auto zu reinigen. Somit haben sie einen Werkvertrag geschlossen. Für den Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB kommt es nur darauf an, dass überhaupt ein Schuldverhältnis besteht. Du solltest dies grundsätzlich so genau wie möglich bestimmen, allerdings auch nicht zu viel Zeit bei der Einordnung verlieren.

4. Als Pflichtverletzung kommt die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Betracht.

Ja, in der Tat!

Eine Pflichtverletzung ist jede objektive Abweichung des Verhaltens einer Partei vom geschuldeten Pflichtprogramm (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB). Derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (= Verkehrssicherungspflicht). Welche Maßnahmen zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich sind, hängt von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab. W hat mit dem Betrieb der Waschanlage eine Gefahrenlage geschaffen. Deshalb ist er verpflichtet, das Fahrzeug des K vor Schäden während des Waschvorgangs zu bewahren. BGH: Der Betreiber einer Waschanlage hat dafür Sorge zu tragen, dass die Fahrzeuge seiner Kunden nicht beschädigt werden.

5. Grundsätzlich muss der Gläubiger die Pflichtverletzung beweisen. Müsste K danach beweisen, dass W eine Pflicht verletzt hat?

Ja!

Im Zivilprozess muss grundsätzlich jede Partei die für sie günstigen Umstände beweisen. Entsprechend muss der Gläubiger sämtliche Anspruchsvoraussetzungen darlegen und - im Streitfall - auch beweisen. Vorsicht: Die gesetzliche Beweislastumkehr aus § 280 Abs. 1 S. 2 BGB gilt nur hinsichtlich des Verschuldens. Es wäre falsch, bereits bei der Frage, ob überhaupt eine Pflichtverletzung vorliegt,, mit § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu argumentieren.

6. Die möglichen Ursachen für die Beschädigung liegen allein im Gefahrenbereich der W. Kann K die Pflichtverletzung daher ohne Weiteres beweisen??

Nein, das ist nicht der Fall!

Der BGH geht bei Verkehrssicherungspflichten in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Schuldnerin darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, dass sie keine Pflichtverletzung trifft, wenn die für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein in ihrem Gefahrenbereich liegen. K hat keinen Einblick in die Funktionsweise der Waschanlage und kann nicht beurteilen, ob sein Fahrzeug für die Benutzung geeignet ist. W hat dafür zu sorgen, dass die Anlage alle serienmäßigen Fahrzeugtypen gefahrlos reinigt. Anderenfalls muss W inkompatible Modelle ausdrücklich von der Benutzung ausschließen. Somit liegen die Ursachen in ihrem Gefahrenbereich. Sie muss beweisen, dass sie keine Pflicht verletzt hat. Die Berufungsinstanz (LG Münster) hat eine Beweislastumkehr abgelehnt. Der BGH folgt in seinem Urteil der Ausgangsinstanz (AG Ibbenbüren) und weist das Risiko eines ungeeigneten Modells dem Betreiber zu.

7. Die Beweislastumkehr dient der gerechten Abgrenzung von Gefahrenbereichen.

Ja, in der Tat!

Grundsätzlich muss der Gläubiger die Pflichtverletzung und der Schuldner das fehlende Vertretenmüssen (§ 280 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB) beweisen. Bei Verkehrssicherungspflichten lässt sich der Inhalt einer Pflicht jedoch nur nach der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bestimmen. Somit überschneiden sich Pflichtverletzung und Vertretenmüssen, weshalb sich die Beweislast nicht eindeutig aus dem Gesetz ergibt. Der BGH bestimmt deshalb die Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen. Danach muss die Schuldnerin beweisen, dass sie keine Pflichtverletzung trifft, wenn die für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein in ihrem Gefahrenbereich liegen.

8. Die konkrete Verkehrssicherungspflicht ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls. Hat W diese Pflicht eingehalten, weil es für sie unvorhersehbar ist, welche Automodelle künftig die Waschanlage nutzen werden?

Nein!

Der konkrete Umfang einer Verkehrssicherungspflicht ist in einer Abwägung im Einzelfall festzustellen. Das Fahrzeug war vor dem Waschvorgang unbeschädigt. K durfte darauf vertrauen, dass W ausreichende Vorkehrungen zur Schadensprävention getroffen hat. Daher durfte er davon ausgehen, dass serienmäßige Autos in der Waschanlage nicht beschädigt werden. W hat indes nicht geprüft, für welche serienmäßigen Automodelle die Waschanlage nicht geeignet ist. Deshalb hat sie auch keine Fahrzeuge ausdrücklich von der Benutzung ausgeschlossen. W hat damit ihre Verkehrssicherungspflicht aus dem Werkvertrag verletzt. Die Berufungsinstanz (LG Münster) lehnte eine Pflichtverletzung ab, weil dadurch die Betreiber zu stark belastet würden. Der BGH hat die Pflichtverletzung bejaht und dabei das berechtigte Vertrauen der Kunden hervorgehoben: Sie dürfen darauf vertrauen, das ein serienmäßig ausgestattetes Fahrzeug nicht beschädigt wird.

9. W kann nicht beweisen, dass sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gewahrt hat. Hat sie die Pflichtverletzung damit grundsätzlich zu vertreten (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB)?

Genau, so ist das!

Ein Schaden ist nur ersatzpflichtig, wenn der Schädiger die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Das Vertretenmüssen wird im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus Vertrag vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies ergibt sich aus der negativen Formulierung im Gesetz. Die Beklagte muss beweisen, dass sie die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. W kann den Gegenbeweis hier nicht erbringen. Somit ist davon auszugehen, dass sie die Pflichtverletzung zumindest fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) herbeigeführt hat. W hat die Pflichtverletzung zu vertreten (§ 276 Abs. 1 BGB). BGH: Sie hätte darlegen und beweisen müssen, dass sie die konstruktionsbedingte Inkompatibilität weder kannte noch kennen musste oder sie alles Erforderliche und Zumutbare unternommen hat, um das Einfahren eines inkompatiblen Fahrzeugs in ihre Waschanlage zu verhindern.

10. Der Anspruch könnte ausgeschlossen sein, wenn K und W wirksam einen Haftungsausschluss für bestimmte Schäden vereinbart haben.

Ja, in der Tat!

Der Schuldner hat grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB). Dies gilt nach dem Wortlaut aber nur, wenn eine strengere oder mildere Haftung nicht bestimmt worden ist. Die Parteien können kraft ihrer Privatautonomie einen abweichenden Maßstab bestimmen und einen Haftungsausschluss vereinbaren.

11. An der Seite der Waschanlage hängt ein Schild mit „AGB“ und ein weiterer Zettel (siehe Illustration). Ist für das Schild und den Zettel der Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB eröffnet?

Ja!

An der Seite der Waschanlage hängt ein Schild mit der Aufschrift: „Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Haftung für Schäden durch nicht serienmäßige Fahrzeugteile entfällt. (…) WashTec Cleaning Technology” Unter dem Schild hängt ein Zettel mit der Aufschrift „Keine Haftung für Heckspoiler!”.Zunächst könnten die §§ 305 ff. BGB durch besondere Vorschriften ausgeschlossen sein (z. B. § 476 BGB für den Verbrauchsgüterkauf oder §§ 444, 639 BGB für die arglistige Täuschung). Anschließend bestimmt sich der allgemeine Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle durch § 310 BGB. § 310 BGB stellt für einzelne Vertragstypen Sonderregeln auf oder schließt die AGB-Kontrolle ganz aus. Zudem gelten Besonderheiten bei Verbraucherverträgen (§ 310 Abs. 3 BGB). Hier sind keine Sonderregeln nach § 310 BGB einschlägig. Der Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB ist eröffnet.

12. An der Seite der Waschanlage hängt ein Schild mit „AGB“ und ein weiterer Zettel (siehe Illustration). Sind der Schild und der Zettel Allgemeine Geschäftsbedingungen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen, die bei Vetragsabschluss einseitig vom Verwender gestellt wurden (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Schild ist zwar eine vorformulierte Vertragsbedingung für eine Vielzahl von Verträgen. Allerdings trägt das Schild die Unterschrift „WashTec Cleaning Technology”. Somit ist nicht erkennbar, dass es tatsächlich von W stammt. Bei dem Zettel ist ebenfalls nicht erkennbar, wer ihn ausgestellt hat. Zudem ist auch anhand der Umstände nicht eindeutig zuzuordnen, ob der Zettel überhaupt eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellen soll.

13. An der Seite der Waschanlage hängt ein Schild mit „AGB“ und ein weiterer Zettel (siehe Illustration). Wären Schild und Zettel wirksam in den Vertrag einbezogen, wenn es sich um AGB gehandelt hätte?

Nein, das trifft nicht zu!

AGB werden nur dann in den Vertrag wirksam einbezogen, wenn (1) der Verwender auf die AGB nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB hinweist, (2) er der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, von den AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und (3) die Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist. Schild und Zettel hängen an der Seite der Waschanlage und sind nicht aus dem Auto heraus sichtbar. Somit hat W nicht ausreichend deutlich sichtbar auf die „AGB“ hingewiesen. Selbst, wenn es sich um AGB gehandelt hätte, wurden sie jedenfalls nicht wirksam in den Vertrag einbezogen. Ein Klausursachverhalt würde an dieser Stelle mehr Informationen enthalten. Dann wird erwartet, dass du die Angaben im Sachverhalt nutzt. Im Urteil des AG Ibbenbüren hat die Betreiberin nichts dazu vorgetragen, wo das Schild und der Zettel aufgehängt sind. Deshalb hat das AG eine Einbeziehung abgelehnt. Dies hat der BGH nicht beanstandet.

14. Darüber hinaus widersprechen sich das Schild und der Zettel inhaltlich, weshalb sie keinen wirksamen Haftungsausschluss begründen.

Ja!

Selbst wenn AGB wirksam einbezogen wurden, muss die Auslegung ihres Inhalts aus objektiver Sicht einen Haftungsausschluss begründen. Dafür müssen die AGB auf den konkreten Fall Anwendung finden. Das Schild bezieht sich ausdrücklich nur auf nicht serienmäßige Fahrzeugteile. Der Zettel schließt nach seinem Wortlaut die Haftung für alle Heckspoiler aus. Heckspoiler können aber auch serienmäßig verbaut sein, wie etwa der Heckspoiler des K. Somit widersprechen sich das Schild und der Zettel, weshalb sie sich inhaltlich schon gar nicht auf das Fahrzeug des K beziehen. BGH: Die ausdrückliche Beschränkung des Schildes auf nicht serienmäßige Fahrzeugteile ist sogar geeignet, bei dem Kunden das Vertrauen zu begründen, mit einem serienmäßig ausgestatteten Pkw die Anlage gefahrlos benutzen zu können. Der BGH setzt sich nicht weiter mit der Einbeziehung der AGB auseinander, sondern stellt direkt darauf ab, dass diese – selbst wenn sie wirksam einbezogen wären – inhaltlich nicht ausreichen, Ws Haftung zu begrenzen.

15. K hat einen ersatzfähigen Schaden erlitten (§ 249 BGB).

Genau, so ist das!

Ein Schaden ist eine unfreiwillige Einbuße, die jemand infolge eines bestimmten Ereignisses an seinen immateriellen Lebensgütern oder an seinem Vermögen erlitten hat. Schäden sind so ersetzen, dass der Zustand wiederhergestellt wird, der ohne den zum Ersatz verpflichtenden Umstand bestehen würde(=Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB). Bei Verletzungen von Personen oder Beschädigungen von Sachen kann der Gläubiger statt der Naturalrestitution den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Beschädigung des Fahrzeugs und der damit verbundene Minderwert sind unfreiwillige Vermögenseinbußen des K. Da das Auto eine beschädigte Sache ist, kann K wählen, ob er die Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangt (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB).

16. K hat einen Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Kommt außerdem ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB in Betracht?

Ja, in der Tat!

Der Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) eine Rechtsgutsverletzung, (2) eine Verletzungshandlung, (3) haftungsbegründende Kausalität, (4) Rechtswidrigkeit, (5) ein Verschulden des Schädigers und (6) einen kausalen Schaden.

17. K hat eine Rechtsgutsverletzung erlitten, die kausal auf einer Verletzungshandlung der W beruht. Zudem handelte W rechtswidrig.

Ja!

Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass ein absolut geschütztes Recht eines anderen verletzt wurde (z. B. Leben, Gesundheit, Eigentum). Eine Verletzungshandlung kann jedes Tun, Dulden oder Unterlassen sein, das durch beherrschbares menschliches Verhalten gesteuert werden kann. Die Rechtsgutsverletzung muss kausal auf der Verletzungshandlung beruhen und rechtswidrig sein. Die Beschädigung des Fahrzeugs stellt eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz dar. Somit ist das Eigentum des K verletzt. W hat ihre Verkehrssicherungspflicht durch das Unterlassen von Vorkehrungen zur Schadensprävention verletzt. Die Rechtsgutsverletzung beruht kausal auf der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und ist rechtswidrig.

18. Da die Rechtsgutsverletzung ihre möglichen Ursachen im Gefahrenbereich der W hat, wird ihr Verschulden vermutet.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Beweislastumkehr bei Verkehrssicherungspflichten gilt nur für den vertraglichen Anspruch auf Schadensersatz. Bei dem Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB trägt der Geschädigte die Beweislast für das Verschulden. Obwohl die Rechtsgutsverletzung ihre möglichen Ursachen im Gefahrenbereich der W hat, muss K das Verschulden der W beweisen.

19. K hat gegen W einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, wenn K das Verschulden nachweisen könnte.

Ja, in der Tat!

Der Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) eine Rechtsgutsverletzung, (2) eine Verletzungshandlung, (3) haftungsbegründende Kausalität, (4) Rechtswidrigkeit, (5) ein Verschulden des Schädigers und (6) einen kausalen Schaden. Ein kausaler Schaden liegt in Form der Beschädigung des Autos vor (§ 249 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB). Wenn K das Verschulden nachweisen könnte, hat er somit einen Anspruch gegen W aus § 823 Abs. 1 BGB. Dieser Anspruch wurde vom BGH nicht geprüft, da bereits der vertragliche Schadensersatzanspruch bejaht wurde. In einer Klausur würde der Sachverhalt mehr Informationen zu einem Verschulden der Personen liefern. Dann dürft Ihr die Prüfung nicht offen lassen. Merke: Es sind grundsätzlich alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen. In einer Urteilsklausur würdest Du den Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB nicht mehr prüfen, nachdem Du einen wirksamen und durchsetzbaren vertraglichen Anspruch bejaht hast.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NI

Niro95

3.3.2025, 08:24:41

Weder aus dem Aufgabentext noch aus der Illustration geht hervor, dass das Schild vom Auto aus nicht sichtbar ist, eher das Gegenteil. Auch, dass durch die Unterschrift der Aussteller nicht klar erkennbar ist, ist bei der fraglichen Aufgabe unklar, weil hier nicht auf den Firmennamen verwiesen wird. Ich finde auch die (zweite oder dritte?) Aufgabe undeutlich, wo es um Beweisschwierigkeiten des Fahrers geht. Wenn man schon die Beweislastumkehr im Kopf hat, wird man bei dieser Formulierung die Aufgabe falsch beantworten.

BI

Bilbo

3.3.2025, 23:00:55

Ging mir genauso mit der Illustration. Es haben in der Aufgabe einige Koordinaten gefehlt, die für die Lösung nötig waren.


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