Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2023
Aufklärungspflicht über Sachmangel eines undichten Terrassendachs (BGH, Urt. v. 27.10.2023, Az. V ZR 43/23)
Aufklärungspflicht über Sachmangel eines undichten Terrassendachs (BGH, Urt. v. 27.10.2023, Az. V ZR 43/23)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft unter Ausschluss der Sachmängelhaftung Vs Haus. K bemerkt wiederholt Wassereintritte am Terrassendach und setzt V eine Frist zur Nachbesserung. V, der schon vor dem wirksamen Verkauf erfolglos eine Reparatur versuchte, tut nichts. Bald steht fest, dass das Wasser aufgrund einer unzureichenden Abdichtung des Terrassendachs austritt.
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Einordnung des Falls
Aufklärungspflicht über Sachmangel eines undichten Terrassendachs (BGH, Urt. v. 27.10.2023, Az. V ZR 43/23)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K verlangt nun von V die Kosten für eine Reparatur des Terrassendachs. Könnte K gegen V ein Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB zustehen?
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Zwischen V und K ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen.
Ja, in der Tat!
3. Das Haus müsste mangelhaft gewesen sein. Ist eine Sache bereits dann frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang der vereinbarten Beschaffenheit entspricht (vgl. § 434 Abs. 1 BGB)?
Nein!
4. Das Dach könnte mangelhaft sein, weil es nicht den objektiven Anforderungen genügt (§ 434 Abs. 3 BGB). Ist dies bereits dann der Fall, wenn ein sog. Mangelsymptom vorliegt?
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Das Terrassendach ist undicht. Ist dies ein bloßes Mangelsymptom?
Nein, das trifft nicht zu!
6. K hat erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt (§ 323 Abs. 1 BGB).
Ja!
7. Der Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 BGB ist ausgeschlossen, wenn K und V einen wirksamen Gewährleistungsausschluss vereinbart haben.
Genau, so ist das!
8. V müsste sich aber auch auf den Gewährleistungsausschluss berufen können. Könnte dies ausgeschlossen sein, wenn V den Mangel arglistig verschwiegen hätte (§ 444 BGB)?
Ja, in der Tat!
9. V handelte arglistig und kann sich deshalb nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen (§ 444 BGB).
Ja!
10. K kann von V aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB die Beseitigungskosten verlangen.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Fabian22
12.10.2024, 11:34:45
Hi, im Vertiefungshinweis der ersten Frage hat sich ein technischer Fehler im Form einer fehlenden Verlinkung eingeschlichen: "[q=...] hier [/q]".
fuchs_
12.10.2024, 15:06:07
Ja, ist mir auch aufgefallen. Und V ist auf dem Bild eine Frau, im SV aber "er".
Linne_Karlotta_
13.10.2024, 13:58:11
Hallo Fabian22, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team
MariHa
12.10.2024, 18:21:39
Daneben bestünde auch ein Anspruch aus c.i.c. oder?
Leo Lee
13.10.2024, 09:39:14
Hallo MariHa, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat könnte man dies meinen. Beachte allerdings, dass wenn ein Vertragsverhältnis (hier Kaufvertrag, woraus sich dann das Schuldverhältnis ergibt) besteht, es eben keinen Anwendungsbereich mehr für die CIC existiert, da das SV diesen Anspruch verdrängt. Dies ist u.a. auch deshalb der Fall, weil CIC als normaler Anspruch eine dreijährige Frist ab Jahresende hat, während bei
Mängelrechten nach zwei Jahren die Rechte ausgeschlossen werden (siehe 438). Eine Ausnahme besteht dann, wenn arglistig getäuscht wurde, da dann der Schädiger bzw. der Täuscher nicht mehr durch eine kürzere Frist geschützt werden soll. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom Müko-BGB 9. Auflage, Maultzsch § 437 Rn. 86 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
stellvertretende Kommode
14.10.2024, 10:26:10
Hätte hier denn auch aufgrund arglistiger Täuschung gem. § 123 I angefochten werden können?
as.mzkw
15.10.2024, 09:37:04
Aber hier handelte V doch arglistig? Insofern bin ich auch davon ausgegangen, dass der Anspruch aus cic bestehen bleibt und auch eine Anfechtung nach § 123 BGB möglich ist. Kann das nochmal jemand erklären?
Alexander
15.10.2024, 14:37:06
Würde man hier jedoch die c.i.c annehmen würde man entgegen des Willen des Gesetzgebers die Gewährleistungszeit von 2 auf 3 Jahre verlängern.
as.mzkw
15.10.2024, 14:39:07
Dieser Einwand gilt meines Wissens nach gegenüber arglistig handelnden Verkäufern aber nicht.
Simon
17.10.2024, 22:52:01
Die §§ 437 ff. BGB schließen einen Anspruch aus §§ 280 I, 241 II, 311 II Nr. 1 (c.i.c.) bzgl. des Mangels grundsätzlich aus, da ansonsten (1) die spezielle Verjährung nach § 438 I, II; (2) die Norm des § 442 I; und (3) der Vorrang der Nachterfüllung umgangen würden. Im Falle des arglistigen Verschweigens eines Mangels greifen diese Argumente nicht, da (1) nach § 438 III 1 die Regelverjährung gilt; (2) § 442 I 2 Alt. 1 greift; und (3) es nach § 281 II Alt. 2/§ 323 II Nr. 3 keiner Fristsetzung bedarf. Danach geht im vorliegenden Fall ein Anspruch aus c.i.c. durch. Ein ähnliches Urteil findet sich bei BGH, NJW 2009, 2120, wo der BGH erstmals nach der Schuldrechtsreform von 2001 dieses Konkurrenzproblem löste: Die Kl. kauften von den Bekl. ein Hausgrundstück unter Ausschluss der Mängelgewährleistung. Dabei war das Haus unter Verwendung von Asbestzementplatten errichtet worden - was den Bekl. auch bekannt war und zum Scheitern vorheriger Verkäufe des Grundstücks geführt hatte. Der BGH bejahte sowohl einen Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 wie auch aus §§ 280 I, 241 II, 311 II Nr. 1.