Öffentliches Recht

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Die Bundesregierung

Auflösung des Parlaments – Vertrauensfrage (Art. 68 GG)

Auflösung des Parlaments – Vertrauensfrage (Art. 68 GG)

17. Februar 2025

7 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bundeskanzler O hat die Nase voll: In den Sitzungen des Bundestags geht es immer häufiger nur noch darum, welche Partei Schuld an all den Krisen hat. Auf Lösungen können sich die Regierungsparteien kaum noch einigen. O verkündet daher, dass er Neuwahlen anstrebt.

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Einordnung des Falls

Auflösung des Parlaments – Vertrauensfrage (Art. 68 GG)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. O will die aktuelle Regierungskonstellation beenden. Hat der Bundeskanzler die Befugnis, den Bundestag aufzulösen (vgl. Art. 39 Abs. 1 S. 1 GG)?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Deutsche Bundestag wird immer für eine Legislaturperiode von vier Jahren gewählt (Art. 39 Abs. 1 S. 1 GG). In der Weimarer Reichsverfassung konnte der Reichspräsident das Parlament, den Reichstag, allein auflösen (Art. 25 WRV). Diese Befugnis, von der wiederholt Gebrauch gemacht wurde, wird als eine der wesentlichen Schwächen des parlamentarischen Systems von Weimar gesehen. Aus diesem Grund hat nach dem Grundgesetz weder der Bundeskanzler noch der Bundespräsident die Befugnis, das Parlament aufzulösen.
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2. O kann den Bundestag nicht auflösen. Könnte sich der Deutsche Bundestag selbst durch Beschluss auflösen?

Nein!

Der Deutsche Bundestag hat kein Selbstauflösungsrecht. Dieses bezeichnet das Recht eines Parlaments, sich durch eigenen Beschluss selbst aufzulösen, um anschließend Neuwahlen zu ermöglichen. Während die Verfassungen anderer Länder (z.B. Österreich) ein solches Recht vorsehen, wurde ein Selbstauflösungsrecht ganz bewusst nicht ins Grundgesetz aufgenommen: Der weitgehende Ausschluss von Auflösungsrechten durch Präsident, Kanzler oder Parlament soll verhindern, dass das parlamentarische System – wie in der Weimarer Republik – durch seine Gegner destabilisiert und durch Dauerwahlkämpfe gelähmt wird.

3. Der Deutsche Bundestag muss in jedem Fall für die gesamte Legislaturperiode bestehen bleiben (vgl. Art. 68 Abs. 1 GG).

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Grundgesetz sieht die Möglichkeit, den Bundestag aufzulösen und Neuwahlen vor regulärem Ablauf der Legislaturperiode abzuhalten, nur in zwei eng umgrenzten Ausnahmefällen vor. Erstens: Nach einer Bundestagswahl findet sich im Bundestag auch im letzten Wahlgang keine Mehrheit für die Wahl eines Bundeskanzlers (Art. 63 Abs. 4 GG). Zweitens (und in der Praxis relevant): Eine vom Bundeskanzler gestellte Vertrauensfrage wird durch den Bundestag abgelehnt und der Bundestag wählt seinerseits keinen anderen Bundeskanzler mit der Mehrheit seiner Mitglieder (Art. 68 Abs. 1 GG). In beiden Fällen kann dann der Bundespräsident den Bundestag auflösen und es kommt innerhalb von 60 Tagen zu Neuwahlen. Dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Neuwahl vor Ablauf der Legislaturperiode nötig sein muss, zeigt sich am Beispiel der Ampel-Koalition (20. Bundestag): Ist eine Regierung nicht mehr fähig, politische Entscheidungen für das Land zu treffen, weil sich die Vertreter der Regierung nicht einig werden, muss es die Möglichkeit geben, vorzeitig neu zu wählen und diese „Lähmung“ des Parlaments zu beenden.

4. Der Bundeskanzler kann mit der sog. Vertrauensfrage prüfen, ob im Bundestag noch eine Mehrheit der Abgeordneten hinter ihm steht (Art. 68 Abs. 1 GG).

Ja, in der Tat!

Der Bundeskanzler kann auf Antrag überprüfen lassen, ob er noch die Zustimmung der Mehrheit des Bundestagsabgeordneten hat (Vertrauensfrage). Ist dies nicht der Fall, ist der Bundeskanzler zunächst nicht verpflichtet, darauf zu reagieren. Er hat aber die Möglichkeit, den Bundespräsidenten darum zu ersuchen, den Bundestag aufzulösen und Neuwahlen einzuleiten (Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG). Die Vertrauensfrage wurde in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland fünf Mal gestellt, vier mal wurde dem Bundeskanzler das Vertrauen nicht ausgesprochen, mit der Folge von Neuwahlen (zuletzt: Scholz, Dezember 2024).
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