Öffentliches Recht
Staatsorganisations-Recht
Die Bundesregierung
Gesetzgebungsnotstand nach Verneinung der Vertrauensfrage (Art. 81 Abs. 1 S. 1 GG)
Gesetzgebungsnotstand nach Verneinung der Vertrauensfrage (Art. 81 Abs. 1 S. 1 GG)
6. Juni 2025
5 Kommentare
4,7 ★ (7.313 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Bundeskanzlerin K hat die Vertrauensfrage (Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG) gestellt. Obwohl die absolute Mehrheit diese negativ beantwortet hat, will K keine Neuwahlen. Die einfache Mehrheit der Regierungsmitglieder will ein Gesetz zur Verlängerung der Mietpreisbremse erlassen.
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Einordnung des Falls
Gesetzgebungsnotstand nach Verneinung der Vertrauensfrage (Art. 81 Abs. 1 S. 1 GG)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K ist nach der gescheiterten Vertrauensfrage verpflichtet, den Bundespräsidenten zu erbitten, den Bundestag aufzulösen (Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG).
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Bundestag lehnt die Gesetzesvorlage zur Verlängerung der Mietpreisbremse ab. Gibt es eine Möglichkeit, dass das Gesetz doch noch als verabschiedet gelten kann (vgl. Art. 81 Abs. 1 S. 1 GG)?
Genau, so ist das!
3. Die Bundesregierung hatte die abgelehnte Vorlage zuvor als „dringlich“ bezeichnet. Kann sie nun zusammen mit dem Bundesrat einen Antrag auf Erklärung des Gesetzgebungsnotstands stellen (Art. 81 Abs. 1 S. 1 GG)?
Ja, in der Tat!
4. Der Bundesrat stimmt dem Antrag der Bundesregierung nach Art. 81 Abs. 1 S. 1 GG zu. Muss der Bundespräsident nun zwingend den Gesetzgebungsnotstand erklären?
Nein!
5. Der Bundespräsident erklärt den Gesetzgebungsnotstand für das Gesetzesvorhaben zur Verlängerung der Mietpreisbremse. Könnte das Gesetz nun ohne Zustimmung des Bundestags als verabschiedet gelten (vgl. Art. 81 Abs. 2 GG)?
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FalkTG
11.1.2025, 10:16:22
m.W. wurde hiervon ja noch nie - angesichts der krassen Konsequenzen - Gebrauch gemacht. Bei der Auflösung verlangt das BverfG ja eine materielle Auflösungslage. Wäre dies auch hier so? M.a.W. steht dem BVerfG ein Recht zu dies materiell zu überprüfen?
simon175
5.4.2025, 16:24:47
1. Hinweis: Bei der Reihenfolge fehlt der vierte Punkt. 2. Frage: Woraus ergibt sich die Beteiligung des Bundestagspräsidenten (aus Art. 81 GG ist das nicht ersichtlich)?

Sebastian Schmitt
8.5.2025, 17:18:13
Hallo @[FalkTG](241044), in der Tat scheint die Norm wohl bisher nicht ein einziges Mal angewendet worden zu sein (so jedenfalls BeckOK-GG/Pieper, 60. Ed, Stand 28.12.2024, Art 81 Vor Rn 1). Dementsprechend gibt es auch keine Rspr des BVerfG dazu und man kann nur mutmaßen, ob und inwiefern sich das BVerfG hier eine materielle Kontrolle vorbehalten würde. Da Art 81 I 1 GG auf Art 68 GG verweist und gerade einen solchen Fall voraussetzt, kann man mE gut vertretbar davon ausgehen, dass auch hier zunächst die von Dir angesprochene materielle Auflösungslage bestehen muss. Immerhin enthält Art 81 III 2 GG allerdings selbst ein gewisses zeitliches Korrektiv, damit die Auswirkungen des Art 81 II 1 GG selbst dann nicht vollkommen uferlos werden, wenn man die Voraussetzungen des Art 81 I 1 GG letztlich bejaht. Das Ermessen des BPräs hinsichtlich seiner Entscheidung nach Art 81 I 1 GG ist wiederum ohnehin nur sehr eingeschränkt gerichtlich überprüfbar (näher Huber/Voßkuhle/Brenner, GG, 8. Aufl 2024, Art 81 Rn 38). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Mandy
8.5.2025, 16:55:35
Art. 80 I 1 GG setzt ja voraus, dass der BT nicht aufgelöst wurde. ich Frage mich nun, ob es nicht auch dann
erforderlichsein könnte in der Zeit zwischen der Auflösung des BT und den Neuwahlen - das sind ja immerhin 60 Tage - den
Gesetzgebungsnotstandauszurufen. Ist das Möglich? Insbesondere, wenn dringliche Anliegen eben nicht durch den aufgelösten BT abgelehnt werden?